Aus dem Buch gekrabbelt: Franziska Theiner als Drache (hinten) und Julian Häuser als Philipp. Foto: Daniela Aldinger - Daniela Aldinger

Geschichte einer wunderbaren Freundschaft: Für die allerjüngsten Zuschauer zeigt die Esslinger Junge WLB Cornelia Funkes „Mondscheindrache“.

EsslingenEigentlich hatte Philipp das Buch zugeklappt, da ist er ganz sicher. Der kleine Junge wacht nachts auf, weil der Mond so komisch hell scheint, und dann geht alles ganz schnell: Aus dem Buch klettert ein kleiner grüner Drache. Der stößt in Philipps nicht wirklich aufgeräumtem Kinderzimmer erstmal mit einer Zahnbürste zusammen und muss dann schnell in Sicherheit gebracht werden, leuchtet doch der Mond schon wieder so komisch.

Was noch so alles aus dem Buch krabbelt, wie Philipp und der „schehr schüß lischpelnde“ Drache Freundschaft schließen, wie man eine Burg verrammelt und mit einem Bagger Ritter erschreckt, das erzählt Cornelia Funkes Kinderbuch „Der Mondscheindrache“, das Konstanze Kappenstein an der Esslinger Jungen WLB im Studio am Blarerplatz für Zuschauer ab vier Jahren inszeniert hat. Das junge Publikum muss von den Bänken aus manchmal lautstark mithelfen, wird Philipp doch verwandelt und schrumpft auf die Größe des kleinen grünen Stacheltiers – was sich auf der Bühne so auswirkt, dass alles um ihn herum riesig wird. Nun passt der Junge selbst in seine Ritterburg Funkelstein, wohin sich der Drache verkrochen hat. Verfolgt wird der nämlich von einem ominösen Schwarzen Ritter, der sich mit der Zahnbürste als – jetzt mannshoher – Lanze bewaffnet hat. Philipp hält mit Legosteinen dagegen. In wilden Verfolgungsjagden toben alle durch die Burg, finden Geheimgänge oder den Brunnen des Froschkönigs. Gestärkt mit den Nutellabrotkrumen vom Abendessen zeigt der Drache Philipp, wie man Feuer speit („Vorbereitung, Konzentration, Ausdauer“), beide verkleiden sich kichernd als Burgfräuleins, jagen einander mit Wasserpistolen und besiegen schließlich den Ritter, indem sie mit Philipps Fernbedienung den Spielzeugbagger anwerfen und den Verfolger mit einem herzlichen „Tschüssikowski!“ zurück ins Buch schaufeln.

Nicht nur Kinder haben Spaß

Mit Charme und fröhlicher Begeisterung spielt Julian Häuser den kleinen Jungen, der beim Zubettgehen noch souverän mit seiner Drachenhandpuppe spricht und sich dann bei den Geschehnissen im Mondlicht erstmal unter der Bettdecke verstecken muss. Aber genau das demonstriert Funkes Buch: dass man keine Angst haben muss vor der Nacht und ihren fantastischen, eigentlich liebenswerten Wesen. Ein solches ist Franziska Theiner im grünen Drachen-Overall mit einem langen Zackenschwanz, in den sich das Tier bei großer Angst auch mal einwickelt (oder ihn vollrotzt). Als rasender Ritter wiederum rollt Theiner gefährlich tenormäßig das R. Mit trockenen Pointen sorgt Regisseurin Kappenstein dafür, dass nicht nur die Kinder ihren Spaß haben, sondern auch die Erziehungsberechtigten in den hinteren Reihen. Franz Dittrich hat ein Kinderzimmer im dezent vermüllten Originalzustand gebaut, das heftig ins Kreiseln gerät und dann zur großen Ritterburg wird. Dass die Aufführung mit ihren 50 Minuten eine Winzigkeit zu lang ist, sprach bei der Premiere in fröhlicher Sorglosigkeit eine Kinderstimme in der ersten Reihe an. Aber irgendwie muss der süße Drache ja wieder zu seiner Familie verfrachtet werden – erst dann kann Philipp im silbernen Mondlicht ruhig schlafen.

Die nächsten Vorstellungen: 30. September und 14. Oktober .