Weihnachten in Notre-Dame: Beim Stuttgarter Musical-Ensemble ist das eine wunderbare Mischung aus Pathos, Ironie und Swing. Foto: Stage Entertainment/Jan Potente - Stage Entertainment/Jan Potente

Ihren Talenten freien Lauf ließen die Künstler des Stuttgarter Musical-Theaters bei einem grandiosen Weihnachtskonzert. Der Erlös kommt dem Stuttgarter Hospiz für Kinder und Jugendliche zugute.

StuttgartMeist sind sie nur ein Jahr in Stuttgart, und dann sitzen sie da oben in Möhringen ganz am Rand der Stadt; Musicalsänger sind ständig unterwegs und schlagen noch seltener Wurzeln als die anderen Theaterleute. Seit vielen Jahren aber organisieren die Darsteller der beiden Musicaltheater im SI-Centrum, und zwar immer wieder andere Künstler, weihnachtliche Konzerte und Benefizaktionen, deren Erlös Stuttgarter Einrichtungen zugute kommt – das Olgäle wurde mehrfach bedacht, ein Artenschutzprojekt der Wilhelma oder, wie jetzt wieder, das Hospiz für Kinder und Jugendliche. „Weihnachten in Notre-Dame“ hieß das große Konzert, organisiert und sehr lustig moderiert wurde es von Maximilian Mann, Darsteller des Hauptmanns Phoebus im „Glöckner von Notre-Dame“. Seine Kollegen und die Belegschaft des gesamten Apollo-Theaters arbeiteten alle unbezahlt an diesem Abend, um am Schluss einen Scheck über 45 500 Euro an die strahlenden Damen vom Hospiz überreichen zu können.

Neben dem ehrenvollen Anlass juckt sie alle natürlich auch die Lust, für einen Abend aus dem Korsett des immer gleichen, ensuite gespielten Stücks auszubrechen und ihren zahlreichen Talenten freien Lauf zu lassen. Das Konzert war eine wunderbar gelungene Mischung – gesungen wurde vor allem Weihnachtliches in erstaunlich vielen Sprachen, mit intimer Klavierbegleitung, a cappella, mit Stepptanz oder sogar per Gebärdensprache untertitelt (Sina Pirouzi machte das so schön wie Ausdruckstanz). Es gab Weihnachtslieder mit Pathos, mit Ironie und vor allem mit dem gewissen Swing, dazwischen fegte Romeo Salazar als Drag Queen über die Bühne. Die zukünftige Tina-Turner-Darstellerin Kristina Love legte mächtig los, Felix Martin sang Lieder von Udo Jürgens und Paul Simon. Das extragroße Orchester packte jazzig-samtige Bläsersoli aus, der Chor aus dem „Glöckner“ trat in großer Besetzung an, und natürlich können hier auch die Leute hinter den Kulissen singen – und wie.

Vor allem aber das „Glöckner“-Ensemble brillierte mit seinen vielen schönen Beltstimmen, großartig klangen etwa die beiden Ausschnitte aus Elton Johns Musical „Aida“. Der Running Gag des Abends war Weihnachtself Kevin, will heißen die Glöckner-Zweitbesetzung Kevin Köhler im grünen Samtwams und mit Weihnachtsmützlein, der nach der besten Macht-eure-Handys-aus-Ansage aller Zeiten als Hausdiener im Einsatz war – bis er sich irgendwann hinstellte und mit ultimativem Wow-Effekt „Let it go“ anstimmte, den Oscar-gekrönten Hitsong der Eiskönigin Elsa aus dem Disney-Zeichentrickfilm „Frozen“. Wahrscheinlich ist die Musicalversion bereits im Anflug vom Broadway nach Deutschland – auf was für ein riesiges, tolles Potenzial an Künstlern das Stück hier treffen wird, beweisen genau solche Konzerte. Wirklich schade, dass es die nur an Weihnachten gibt!