Show, Entertainment oder gar Nervenkitzel liefern Derek Trucks und Susan Tedeschi nicht. Stattdessen bekommt der Zuhörer Musik und einen ungemein dichten Instrumentalteppich, letzteres in einen perfekten Sound gekleidet. Und das ist in Summe eines: spektakulär Foto: Veranstalter/Stuart Levine - Veranstalter/Stuart Levine

TTB ist keine auffällige Band. Hier zählt allein das Zuhören, die Musik und der ungemein dichte Instrumentalteppich. Und das ist in Summe eines: spektakulär.

WinterbachSage und schreibe zwölf Musiker – inklusive zwei Drummern, einem Bläser-Trio und Backgroundsängern – bevölkern die extra groß gebaute Bühne. In den Einzelteilen performen allesamt exzellente Instrumentalisten, in der Summe des Ganzen eine überragende Einheit: die Tedeschi Trucks Band aus Jacksonville, Florida. Technisch gesehen handelt es sich um eine Jam-Band, wie sie eindrucksvoll nicht nur beim jazzig angehauchten Sleepy John Estes-Cover „Leavin’ Trunk“ unter Beweis stellt. Im doppelten Wortspiel-Sinne ist es eine „Big Band“, die in den USA als eine der führenden Blues-Rock-Institutionen nicht selten vor mehr als 20 000 Fans konzertiert. In der rappelvollen Winterbacher Salierhalle, zum Auftakt einer kurzen Deutschland-Tournee, sind es natürlich weit weniger Anhänger, die jedoch teilweise von weit hergereist sind.

Fast alles dreht sich um Sängerin und Gitarristin Susan Tedeschi (48). Sie ist das Herz und die Seele der Band. Und sie ist mit einer kraftvollen Stimme gesegnet, die die komplette Bandbreite von erdigen R&B-Stücken bis zu wunderschönen Balladen abdeckt. Janis Joplin klingt manchmal durch, mehr aber noch eine jüngere Bonnie Raitt. Bei Songs wie „Sky is crying“ spielt sie faszinierend geradezu mit ihrem Organ. Zugleich ist Tedeschi auch eine technisch erstklassige Blues-Spielerin.

Fantastische Groove-Maschine

Der heimliche Star ist jedoch Derek Trucks, der als tituliertes Wunderkind bei der Allman Brothers Band reüssierte, dort aber 2014 ausstieg. Wenn Tedeschi dahincruist, macht er es sich bequem. Doch greift der Bart- und Zopfträger in das Steuer, gibt er Vollgas, ob leise oder laut, langsam oder schnell. Kein Wort kommt dem Grammygewinner in über zwei Stunden über die Lippen, er lässt alleine seine Gibson SG sprechen. Sein Slidegitarrenspiel ist extraordinär, seine Töne sind klar und präzise. Es ist leicht zu hören, warum der Saiten-Magier vom Rolling Stone-Magazin auf Platz 16 der „100 größten Gitarristen aller Zeiten“ gesetzt wurde.

Zusammen – seit 2011 sind sie miteinander verheiratet – sind Tedeschi und Trucks eine fantastische Groove-Maschine, die ihren bluesgetränkten Wurzeln huldigt, gleichzeitig aber ihren eigenen modernen Akzent auf ikonischem (Cover-)Material hinterlässt. Musikalisch ungemein hochwertig ist das zehn Minuten lang fast andächtig gespielte „Midnight in Harlem“. Das Stück vom Debütalbum „Relevator“ (2011) ist der Eckstein ihrer Blues-Kathedrale. Mit der traumhaften Ballade „When will I begin“ vom neuen Album „Signs (High Times“) ziehen Tedeschi und Co die Mauern hoch, nur damit Trucks sie mit „Bound for Glory“ zum Einsturz bringen kann.

Zwei Sets spielt die Band, mit Pause dazwischen. Mit der einzigen Zugabe, dem Joe Tex-Cover „Show me“, zeigen die Mitglieder des Ensembles noch einmal, woher sie kommen und wer sie sind: eine überragende und facettenreiche Live-Band nämlich. Qualitativ gehört das Konzert schon heute zu den herausragenden des Jahrgangs 2019.