Der Motivator: Der neue Intendant Tamas Detrich (hinten rechts) trainiert die neuen Tänzerinnen und Tänzer. Foto: Roman Novitzky - Roman Novitzky

Das Stuttgarter Ballett startet mit dem „Blick hinter die Kulissen“ in die neue Spielzeit und die neue Intendanz.

StuttgartSeit sieben Tagen bin ich Intendant des Stuttgarter Balletts“, stellt sich Tamas Detrich beim Spielzeitauftakt im Kammertheater vor. Wissen wir natürlich alle, aber die jungen Leute auf der Bühne kennen wir noch nicht: Traditionsgemäß werden am ersten Tag beim „Blick hinter die Kulissen“ die neuen Tänzer vorgestellt, gleich zwölf sind es dieses Mal, die Detrichs ansonsten kaum veränderte Kompanie verstärken. Vieles ist derzeit neu beim Stuttgarter Ballett: das Logo, die Webseite und eben der Chef. Zuschauer und Andrang sind die alten, die Stimmung ist wie immer bestens an den Cafétischchen in der Black Box.

Detrich stellt die jungen Leute kurz vor und gibt dann eineinhalb Stunden Training, in denen er sich als anspruchsvoller, passionierter Lehrer erweist; anders als viele Kollegen von Oper und Schauspiel sind die Leiter der Tanzsparte ja immer auch direkt praktisch tätig. Detrich hat seine Augen überall und korrigiert die kurzen Trainingsphrasen konstruktiv: „Wirf die Schlusspose nicht weg, gib ihr was Besonderes mit!“ Hier kann man live erleben, wie die Ballettkunst tradiert wird: „Das habe ich von meinem Lehrer David Howard gelernt“, zeigt der Intendant eine Schrittfolge und erklärt, was man damit genau verbessern kann. Der Pianist spielt Rolling Stones, Tango und Musical, alles was fetzt und die Füße kitzelt.

Aus aller Welt

Wie üblich in den internationalen Ballettkompanien sind bei den Neuen Tänzerinnen und Tänzer aus aller Welt vertreten: Die feine, lyrische Koreanerin Minji Nam und der robuste Italiener Martino Semenzato kommen von der inzwischen wieder sehr renommierten Académie Princesse Grace aus Monte-Carlo, wo mit Roland Vogel und Thierry Sette zwei ehemalige Stuttgarter Solisten unterrichten. „Wir sind eben überall“, frotzelt Detrich. Die Ungarin Noémi Verböczi kommt vom Semperoper-Ballett in Dresden und die Französin Coralie Grand vom Finnischen Nationalballett, die Italienerin Martina Marin absolvierte die Schule des Teatro alla Scala in Mailand. Die typische Attacke der amerikanischen Tänzer bringen Christian Pforr und Satchel Tanner mit, letzterer kommt übers American Ballet Theatre und Het Nationale Ballet in Amsterdam nach Stuttgart und hat, zumindest an der Stange, tolle hohe Beine. Aus den Aufführungen der Cranko-Schule kennen wir bereits die Koreanerin Jisoo Park, die Polin Wiktoria Byczkowska und den Schweden Henrik Erikson – sie alle sehen in der Klassik genauso gut aus wie im Modernen. Denn am Schluss erhaschen wir einen Blick auf die ersten Schrittfolgen des britisch-indischen Großmeisters Akram Khan, der bereits letzte Woche zu einem Workshop in Stuttgart war. Getanzt wird barfuß zu moderner indischer Kathak-Musik, die Tänzer kämpfen damit, auf sieben zu zählen statt auf vier.

Neu dabei sind auch, hurra, zwei Tänzer aus dem Ländle: Vincent Travnicek kommt aus Schwäbisch Gmünd und hat seine komplette Ausbildung an der Cranko-Schule absolviert, genau wie Clemens Fröhlich aus Pforzheim, der nach drei Jahren beim Niederländischen Nationalballett nun wieder nach Hause zurückkehrt und sich sichtbar darüber freut. Mit unglaublichen fünf Baden-Württembergern in seinen internationalen Reihen (wann gab es das zuletzt?) gerät das Stuttgarter Ballett damit fast schon auf den Weg zur heimlichen Nationalkompanie. Die Schwaben können eben doch tanzen!

Der „Blick hinter die Kulissen“ findet täglich bis Sonntag statt, am Samstag und Sonntag auch nachmittags.

www.stuttgarter-ballett.de