Der Umzug kommt nicht überraschend: Das Projekt war auf Zeit angelegt worden. Foto: Zooey Braun, Stuttgart/Germany - Zooey Braun, Stuttgart/Germany

Ende für das Aktivhaus B 10 in der Weißenhofsiedlung: Da es in Stuttgart keinen Platz mehr dafür gibt, wird das Gebäude abgebaut.

StuttgartFür viele war es das fehlende Puzzleteil in einer durch Kriegsbomben entstandenen Häuserlücke. Vor fünf Jahren eröffnete in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung zwischen den Pionierbauten von so wichtigen Architekten wie Ludwig Mies van der Rohe oder Le Corbusier, dort, wo Jahrzehntelang nur Brache war, das „Aktivhaus B 10“. Ein äußerlich eher unscheinbares, kleines Gebäude mit verglaster Front, einem Flachdach und einer in die Zukunft gerichteten Idee im Inneren: So viel Energie selbst produzieren, dass davon auch die Nachbarn versorgt werden können. Ein weltweit einmaliges Konzept - und passend zum modernistischen Anspruch der Weißenhofsiedlung.

Jetzt muss das Gebäude B 10 seinen Standort auf dem Killesberg verlassen. „Wir finden es schade, dass die Stadt Stuttgart für das Haus keinen Platz gefunden hat“, sagt Frank Heinlein vom Architekturbüro Werner Sobek, welches das Gebäude konzipiert und betrieben hat. Die Verbindung von Alt und Neu sei an diesem Ort gut zur Geltung gekommen.

Am 17. August soll das Gebäude über Nacht mit einem Schwertransporter nach Hohenstein, 70 Kilometer südlich von Stuttgart, verfrachtet werden. Der neue und alte Besitzer, der Fertighaushersteller Schwörer, der das Aktivhaus hergestellt hatte, plant, daraus einen „Begrüßungsort“ für die eigene Werksführung zu entwickeln. Besuchern bleibt das Haus so weiterhin zugänglich.

Der Umzug kommt nicht wirklich überraschend. Schon 2014 war das Aktivhaus als ein Forschungsprojekt auf Zeit angelegt worden. Die Stadt Stuttgart stellte für zunächst drei, dann fünf Jahre das Grundstück, Sponsoren und private Initiativen finanzierten den Bau. Die Bundesregierung förderte die Datenanalyse über Energieverbrauch und -erzeugung als Teil ihres Forschungsprogramms „Schaufenster Elektromobilität“. Denn eines der Ziele der Bauherren der Stuttgarter Stiftung Institute of Sustainability bestand darin, das Elektroauto in das Wohnkonzept zu integrieren und auch genug Energie für die alltägliche Mobilität seiner Bewohner zu erzeugen. Möglich machen das Fotovoltaikanlagen auf dem Dach und Smarthome-Systeme, die Elektrogeräte, Heizung, Batterien miteinander vernetzten und die dann zum Einsatz kommen, wenn der Strom besonders günstig ist.

Der Stuttgarter Architekt Werner Sobek sprach schon bei der Vorstellung vom „Prinzip der Schwesterlichkeit“. Der Zusatzstrom sollte ausreichen, um nicht nur zwei zum Haus gehörende E-Autos und zwei E-Fahrräder zu betreiben, sondern um außerdem noch das Weissenhofmuseum im Le-Corbusier-Haus nebenan zu versorgen. Um das zu erproben, war zunächst angedacht, echte Menschen auf den 85 Quadratmetern Fläche wohnen zu lassen. Auch hatten sich Freiwillige für das Projekt beworben. Wegen des hohen Organisationsaufwandes wurde die Idee aber doch verworfen. So fungierte das Aktivhaus vor allem als Anschauungsobjekt für ein ökologisches, komfortables Wohnen. Das Interesse dafür war immens. Im ersten Jahr kamen alleine am Tag der offenen Tür 1500 Besucher.

Was nun auf dem Gelände des Bruckmannwegs 10 – daher der Name B 10 – passiert, ist bislang unklar. Vielleicht wieder einfach Leere.