Höchstleistung im Spannungsfeld zwischen fast gehauchtem Pianissimo und strahlendem Forte: der Philharmonische Chor Esslingen. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Rainer Kellmayer

„Freudig begrüßen wir die edle Halle, wo Kunst und Frieden immer nur verweil“ - treffender hätte der Auftakt des mit „Opera!“ überschriebenen Konzerts des Philharmonischen Chores Esslingen im Gemeindehaus am Blarerplatz dieser Tage nicht sein können. Der Chor „Einzug der Gäste“ aus Richard Wagners Oper Tannhäuser traf die Stimmung vieler Konzertfreunde, die um den Erhalt des Kleinods im Zentrum Esslingens bangen.

Atmosphäre und Raumakustik des Gemeindehauses gingen mit der Musik eine Symbiose ein - ein einzigartiges Ambiente, in dem sich nicht nur die Zuhörer, sondern auch die Vokalisten wohlfühlten. Dies spürte man insbesondere bei den großen Opernchören wie dem in fröhlicher Zecherrunde gesungenen Trinklied aus Giuseppe Verdis „Die Sizilianische Vesper“ oder bei „Allmächt‘ger Vater blick herab“ aus Wagners „Rienzi“. Dabei überzeugte der von Sabine Layer auf den Punkt hin fit gemachte Philharmonische Chor nicht nur durch stimmliche Präsenz, sondern auch durch schauspielerischen Einsatz.

Die halbszenische Dramaturgie des Abends forderte die Sängerinnen und Sänger immer wieder durch eine überlegte Personenführung, und die sehr sparsam eingesetzten Kostüme sowie Requisiten zeigten, wie man mit bescheidenen Mitteln eine beachtliche Wirkung erzielen kann. Natürlich musste der Chor, wie auf der Opernbühne üblich, auswendig singen. Diese Aufgabe meisterten die Choristen ebenso mühelos wie die hohen stimmlichen Hürden. Unterstützt wurden sie dabei von Sabine Layer, die sachkundig durchs Programm führte und die musikalischen Zügel fest in der Hand hielt. Ein glückliches Händchen hatte Layer bei der Auswahl der Gesangssolisten. Da sie seit vielen Jahren in den Gesangsklassen der Stuttgarter Musikhochschule korrepetiert, kennt sie den professionellen Sängernachwuchs und kann die Rosinen aus dem Kuchen picken.

Den besten Griff hatte sie mit Victoria Kunze gemacht. Mit virtuoser Gurgel meisterte die Sopranistin die halsbrecherischen Koloraturen der Arie „Königin der Nacht“ aus Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“ und erklomm dabei mühelos die extremsten stimmlichen Höhelagen. Zusammen mit der gleichfalls bestens disponierten Lisbeth Rasmussen-Juel (Mezzosopran) zauberte sie die herrlichen Melodien des Blumenduetts aus Léo Delibes‘ „Lakmé“ in den Konzertraum - hervorragend abgestimmt und spannungsvoll phrasiert. Der kurzfristig eingesprungene Bariton Philipp Franke war mehr als bloßer Ersatz. Wie er die Arie des Conte aus Mozarts „Hochzeit des Figaros“ souverän gestaltete und „O du mein holder Abendstern“ aus Wagners „Tannhäuser“ Kontur gab, deutete auf eine erfolgversprechende Karriere des jungen Sängers hin.

Zuverlässig gestützt wurden Chor und Solisten von Manon Parmentier am Flügel. Und als diese die ersten Töne des Gefangenenchores aus „Nabucco“ von Giuseppe Verdi anschlug, war das prächtige Finale eingeläutet. Der Philharmonische Chor folgte dem engagierten Dirigat Sabine Layers und lief im Spannungsfeld zwischen fast gehauchtem Pianissimo und strahlendem Forte zur Höchstleistung auf. Es gab Ovationen für die Akteure und anschließend eine Demonstration für den Erhalt des Gemeindehauses am Blarerplatz: Eine Menschenkette um dieses und die Franziskanerkirche gab ein Zeichen für den Erhalt dieser wertvollen Gebäude.