Der Publikumsmagnet: Teodor Currentzis mit dem SWR Symphonieorchester. Foto: SWR - SWR

Musik von Mahler und Kurtág steht im Mittelpunkt – und natürlich der charismatische Chefdirigent Teodor Currentzis, der volle Säle garantiert. Aber eine One-Man-Show ist das neue Programm keineswegs.

StuttgartDer Name ist Programm – aber nicht nur er und nicht nur einer. Teodor Currentzis, zugkräftiger Musikbesessener und alsbald in der zweiten Saison Chefdirigent des SWR Symphonieorchesters, garantiert zwar internationale Nachfrage samt ausverkaufter (Lieder-)Hallen. Aber eine One-Man-Show ist die neue Saison 2019/20 nicht. Kann sie auch gar nicht, schließlich liegt dem charismatischen Athener Currentzis nach wie vor seine Originalklangtruppe MusicAeterna am Herzen, mit der er in der russischen Provinz weltberühmt wurde. Und so nennt Johannes Bultmann, der Gesamtleiter der SWR-Klangkörper und -Festivals, weitere Eckpfeiler des Saisonprogramms.

Artist in Residence ist der Cellist Nicolas Altstaedt, der in den Abo-Konzerten im Stuttgarter Beethovensaal, in Freiburg und Mannheim gerade nicht durch die Romantik-Bestände von Schumann bis Dvorák streicht, sondern den Bogen für Cellokonzerte des 20. Jahrhunderts spannt. Ein weiterer Fokus gilt dem 93-jährigen Komponisten György Kurtág – einem Meister äußerster Konzentration, der mit phänomenaler Beharrlichkeit an seinen monumentalen Miniaturen feilt. Erst im vergangenen Herbst wurde seine erste Oper „Fin de partie“ nach Beckett an der Mailänder Scala uraufgeführt.

Currentzis dirigiert im Stuttgarter Auftaktkonzert am 19./20. September Kurtágs „Stele“, außerdem setzt der Chef seinen Mahler-Zyklus fort: mit dem Adagio aus der zehnten Sinfonie im selben Konzert, mit der Neunten und der Ersten an seinen beiden weiteren Stuttgarter Abo-Terminen (12./13. Dezember sowie 13./14. Februar 2020). Michael Schønwandt kombiniert Kurtágs „Messages“ mit Waltons Cellokonzert und Strauss’ „Heldenleben“ (16./17. Januar 2020), Edo de Waart stellt Bruckners fünfte Sinfonie Kurtágs „Movement“ gegenüber (19./20. März 2020). Ein jüngerer ungarischer Landsmann des Altmeisters ist Márton Illés, dessen Orchesterstück „Es-Raum“ (nach Sigmund Freud) 2017 den Kompositionspreis bei den Donaueschinger Musiktagen gewann. Und damit eine Aufführung, die am 23./24. April im Beethovensaal stattfindet, dirigiert von Antonello Manacorda (außerdem: Mendelssohn, Berlioz und Debussy). Geistliches von Mendelssohn und Messiaen sowie Skrjabins „Poème de l’extase“ gibt es mit Eliahu Inbal und der Mitwirkung des SWR Vokalensembles (25./26. Juni 2020). Constantinos Carydis dirigiert Beethoven, Brahms und Nikos Skalkottas (14./15. Mai 2020), Krzysztof Urbanski den „Zarathustra“ von Strauss (16./17. Juli 2020).

Überregional lebt das Orchester von und mit dem Currentzis-Faktor – wobei Bultmann betont, dass die SWR-Symphoniker „auch für sich bestehen können, wie Einladungen zu großen Festivals auch mit anderen Dirigenten zeigen“. Nicht unwesentlich für einen Klangkörper, der erst vor zweieinhalb Jahren unter Kämpfen und Krämpfen fusioniert wurde. Mittlerweile ist die Nachfrage von Veranstaltern größer als das leistbare Angebot. In diesem Jahr ist man bei den Salzburger Festspielen zugange, im nächsten tritt man als Residenzorchester bei den Baden-Badener Pfingsfestspielen an, in strammer Konkurrenz zu den Berliner Philharmonikern, die daselbst die Osterfestspiele bestreiten. In der Kurstadt wird es dann auch zu einer außergewöhnlichen Begegnung der beiden Currentzis-Big Bands kommen: Faurés Requiem mit dem SWR-Orchester, Verdis Requiem mit MusicAeterna.

Weltweit wird ein Online-Erfolg verbucht – die Videostreams der Konzerte wurden bislang 1,1 Millionen Mal geklickt. Vor Ort in Stuttgart gibt es weiterhin Mittags- und Kammerkonzerte, die „Currentzis LABs“ vor und die Überraschungsprogramme nach den Konzerten des Maestros. Und für junge, konzertsaalscheue Hörer „Classic and Bass“ im Wizemann mit Currentzis als Dirigent und DJ (22. Februar 2020). Schön ist, dass sich die vielen Musikvermittlungsprojekte nicht nur auf die Rekrutierung des Publikumsnachwuchses beschränken, sondern allein in der Saison 2017/18 „15 000 Menschen zwischen fünf und 101 Jahren erreichten“, wie Orchestermanager Felix Fischer sagt. Orchestermitglieder musizieren auch in Pflegeheimen. Und für die Jungen hat der SWR seit jeher zumindest eine Hemmschwelle gesenkt: die Eintrittspreise ins Konzert. Schüler und Studenten kommen für sieben Euro rein.

Abos für die Saison 2019/20 werden ab diesem Mittwoch verkauft.

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