An vielen musikalischen Orten unterwegs: Rebekka Bakken. Foto: Sony - Sony

Die Norwegerin singt im Theaterhaus – Stilistisch vielfältig, aber nie beliebig

StuttgartWas für ein Unterschied! Vor 17 Jahren stand ein schlankes Mädchen auf der Bühne im alten Theaterhaus und ließ sich von Christian Muthspiel, ihrem damaligen Freund, auf der Gitarre begleiten. Nicht mehr als zwei Dutzend Leute waren damals in einem Nebensaal und erlebten eine schüchterne, irgendwie hölzern wirkende Sängerin, deren bemerkenswerte Stimme jedoch im Gedächtnis blieb. Nun steht die aparte Norwegerin, die in dieser Woche 49 Jahre alt wird, wieder auf der Bühne des Theaterhauses, dieses Mal im größten Saal T 1 vor fast tausend Menschen. In den letzten Jahren sei in ihrem Leben so viel geschehen, erzählt sie, dass sie bis jetzt gar nicht dazu gekommen sei, ein neues Album aufzunehmen. Sie ist von New York in die norwegische Heimat umgezogen, hat sich verliebt, ist vor vier Jahren Mutter geworden, hat Windeln gewechselt und gleich auch noch ihr Platten-Label. In ihrem luftigen schwarzen Outfit bewegt sie sich locker auf der Bühne, sie lacht, trinkt Wein statt Wasser, schäkert mit ihrer bestens eingespielten Vier-Mann-Combo, flirtet mit dem Publikum.

Hölzern – das war einmal. Rebekka Bakken hat sich auf eine bemerkenswerte Art entwickelt. Als sie ihren musikalischen Malkasten öffnet, finden sich darin Klangfarben aller Art: ein Hauch von Jazz, knackiger Südstaaten-Rock, geschmeidiger Pop, bluesige Anklänge mit Country-Touch und sparsam instrumentierte Folklore-Balladen. Selbst ein skandinavisches Kirchenlied mit dem archaisch-gutturalen Gesang der Samen hat sie im Programm. Das sei die Quelle, aus der sich ihre ganze Musik speise, beteuert sie und wirkt auf einmal ganz ernst. Ihre helle, durchdringende, aber nie schrille Stimme steigt empor wie eine Lerche und füllt den Saal, in dem außer dem tiefen Summen eines Basstons der Hammond-Orgel B 3 nichts zu hören ist. Es ist ein ergreifender musikalischer Moment. Und ein großer Kontrast zu allen anderen Liedern. Doch eigenartigerweise wirkt die stilistische Vielfalt des Konzerts keineswegs beliebig und inkohärent, jeder Song erhält durch Rebekka Bakkens erstaunliche Musikalität vielmehr ein stimmungsvolles, oft auch selbstironisches und lakonisches Eigenleben („I Love My Men On Ice“). Sie stellt ihr aktuelles, autobiografisch geprägtes Album „Things You Leave Behind“ vor und schenkt dem Publikum mit „Time After Time“ von Cindy Lauper und dem auf Wienerisch gesungenen „Der Schnee draußen schmilzt“ von Ludwig Hirsch zwei sehr hübsche Zugaben, die kein bisschen aufgesetzt wirken.