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Der Rechtshistoriker habe „die ideengeschichtliche, politische und gesellschaftliche Verwobenheit der Rechtsnormen“ aufgezeigt und damit ein tieferes Verständnis auch der Rechtskultur der Gegenwart bewirkt, urteilt die Jury des Hegel-Preises.

StuttgartEinen der „fruchtbarsten und scharfsinnigsten Rechtsdenker der Gegenwart“ nennt die Jury des Hegelpreises – vier Fachjuroren sowie Vertreter des Stuttgarter Gemeinderats – ihren diesjährigen Preisträger: den Frankfurter Rechtshistoriker Michael Stolleis, der am Montagabend im Stuttgarter Rathaus die Auszeichnung erhielt. Stolleis, 1941 in Ludwigshafen geboren, habilitierte 1973 an der Uni München mit der Studie „Gemeinwohlformeln im nationalsozialistischen Recht“. Sein Hauptwerk ist die vierbändige „Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland“, die von 1988 bis 2012 erschienen ist, den Zeitraum von 1600 bis 1990 abdeckt und als Standardwerk gilt. In Stolleis’ Arbeiten zeige sich ein souveräner „Überblick über die ideengeschichtliche, politische und gesellschaftliche Verwobenheit der Rechtsnormen“, begründeten die Juroren ihre Entscheidung weiter. Damit habe er ein tieferes Verständnis auch der Rechtskultur der Gegenwart bewirkt.

Der alle drei Jahre verliehene Preis erinnert an den 1770 in Stuttgart geborenen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Der Sprachwissenschaftler Wolfgang Klein, ein alter Freund von Stolleis, machte die Schwerverständlichkeit von Hegels Werk zum Ausgangspunkt seiner Laudatio. Hegels Dialektik zeige immer wieder, dass man zur Wahrheit nie direkt, sondern nur durch den Irrtum hindurch gelange. In einer kühnen Wendung versuchte Klein, diese Einsicht für die Arbeiten Stolleis’ fruchtbar zu machen. Diese zeigten das Recht nicht in seinem dogmatischen Endzustand, sondern im Prozess seines Werdens und Vergehens. Der Preisträger selbst gab zu, kein Hegelianer zu sein. Seine Leitsterne seien die Sprachphilosophie des späten Ludwig Wittgenstein und der Rechtspositivismus von Hans Kelsen gewesen, also „kühle, klare Getränke, nichts Berauschendes“.