Schokolade in besonderen Variationen genießt die Autorin Maria Nikolai immer wieder gerne. Foto: Sebastian Berger - Sebastian Berger

Mit dem ersten Teil ihrer Trilogie „Die Schokoladenvilla“ landete Maria Nikolai auf Platz elf der Spiegel-Bestsellerliste. Am 29. März stellt sie in Neuhausen ihr Buch vor.

Neuhausen/MetzingenLebensgeschichten starker Frauen erzählt die Bestseller-Autorin Maria Nikolai im Roman „Die Schokoladenvilla“, Teil 1 einer Trilogie. Mit dem mehr als 656 Seiten starken Werk, das als Taschenbuch erschienen ist (Penguin Verlag, 10 Euro), schaffte sie es bis auf Platz 11 der Spiegel-Bestsellerliste. In der Familiensaga zeichnet Nikolai das Porträt der jungen Fabrikantentochter Judith und deren Mutter Hélène, die sich aus den Fesseln des Schokoladen-Patriarchen Wilhelm Rothmann befreien. Am Freitag, 29. März, 19.30 Uhr, liest die Metzingerin im Foyer des Oberen Schlosses in Neuhausen aus ihrem Roman, der um die Jahrhundertwende in Stuttgart spielt.

Die literarische Entwicklung von Maria Nikolai, die früher unter dem Namen Gudrun Maria Krickl historische Romane veröffentlichte, verfolgt Neuhausens Büchereileiterin Marianne Ruckdeschel seit Jahren. Dass die Autorin nun den ersten Teil ihrer erfolgreichen Saga im Oberen Schloss vorstellt, freut die Literaturkennerin. Die Öffentliche Katholische Bücherei veranstaltete 2013 eine Lesung mit „Brautfahrt ins Ungewisse – Lebenswege württembergischer Herzoginnen“. Ruckdeschel und ihr Team hatte daraus einen „festlichen Renaissanceabend“ gemacht, die Lesung war mit einer Multimediapräsentation und Renaissancemusik unterlegt und sehr gut besucht. Nikolais Tochter Anna, heute 16 Jahre alt, trat im historischen Kostüm auf. Die Bibliothekarin reizt am Werk der Metzinger Autorin, dass sie es verstehe, „geschichtliche Daten und Fakten anschaulich aufzubereiten und Interesse fürs Thema zu wecken.“ Dazu recherchiere sie ausführlich.

Aus den Fesseln der Ehe befreit

„Die Geschichte der Schokoladenfabriken in Stuttgart hat mich interessiert“, erzählt Nikolai. Die Marke Moser-Roth wurde dort ebenso produziert wie Eszet oder Waldbaur. Dass die Landeshauptstadt einst ein Zentrum der Schokoladenproduktion war, ruft die studierte Betriebswirtin in Erinnerung. Fabrikant Wilhelm Rothmann ist jedoch ebenso eine fiktive Figur wie dessen Familie, mit der er eine Villa im Luftkurort Degerloch bewohnt. Die Schauplätze hat Nikolai zauberhaft der Wirklichkeit nachempfunden. Wenn die frechen Zwillingssöhne Anton und Karl an der Haltestelle der „Zacke“, der Zahnradbahn zum Marienplatz, zündeln, weckt das nicht nur bei alten Stuttgartern Erinnerungen.

Augenblicke zwischen Liebenden einzufangen gelingt der Autorin ebenso brillant wie die Entwicklung ihrer Figuren. Besonders fasziniert der Blick der 50-Jährigen auf Hélène, die Mutter der Protagonistin Judith. Die gebürtige Französin wurde von ihrem Vater, der eine Schokoladenfabrikation betrieb, an den deutschen Kollegen geradezu verkauft. Die Brautgabe war ein Rezept für Süßigkeiten. Ende des 19. Jahrhunderts waren aus wirtschaftlichem Kalkül geschlossenen Ehen üblich. Nikolai zeigt, was dieser Zwang mit den Menschen machte. Wie sich die Ehefrau nach langer Krankheit und Depression aus den Fesseln befreit, empfindet die Autorin nach. Als ihre Figur den Literaten Heinrich Mann in ihrer Kurklinik am Gardasee trifft, konfrontiert der sie mit Freiheit, Kunst und Liebe. „Genau diese Dinge waren Frauen wie ihr üblicherweise verwehrt. Nicht nur ihre Körper wurden in ein Korsett gezwängt – ihr ganzes Sein hatte starren gesellschaftlichen Normen zu genügen, die niemals infrage gestellt wurden. Und Hélène, die sich nach außen hin noch schwertat, ihre Sittsamkeit abzulegen, spürte in ihrem Inneren eine aufregende Faszination für diese ihr völlig neue Welt heranwachsen.“

Was es bedeutet, sich aus den Fesseln der Ehe zu befreien, beschreibt Nikolai in ihrer schlichten, von Leichtigkeit geprägten Sprache. Manchmal sind die Wechsel zwischen den knappen Kapiteln sehr ungestüm. Nikolais Stärke liegt darin, den Zauber in vermeintlich alltäglichen Szenen aufzuspüren. Dass sich Judith, die Tochter des Patriarchen Rothmann, nicht nur erfolgreich gegen die Zwangsehe mit dem spielsüchtigen Bankierssohn Albrecht von Braun wehrt, sondern durch ihre köstlich kreativen Schokoladenkreationen den Familienbetrieb in eine glückliche Zukunft führt, offenbart Nikolais Glauben an die Kraft der Frauen. Um die Jahrhundertwende und lange bevor sie in Deutschland das Wahlrecht erkämpften, lebt die junge Fabrikantentochter ihren Traum. Dabei hilft ihr der Tüftler Viktor Rheinsberger, der aus seiner Soldatenlaufbahn geflohen ist.

Publikum zum Genießen verführen

Wie geht die Autorin mit dem riesigen Erfolg ihrer Familiensaga um? „Ich bin glücklich, dass ich mir den Traum erfüllen darf, als Schriftstellerin zu arbeiten.“ Abgehoben ist die Schwäbin nicht. Zeit mit den fast erwachsenen Kindern Anna und Simon zu verbringen, macht sie glücklich. Literatur ist ihre Berufung. Mit ihrer Lektorin beim Penguin Verlag tüftelt sie intensiv am zweiten Band. Durch die gute Betreuung lerne sie viel.

Die zierliche Frau, die sich gerne selbst mal eine Praline gönnt, will ihr Lesepublikum zum Genießen verführen. Deshalb ist im ersten Band ein Rezept für Karamellpralinen zu finden. Für Band zwei hat sie passende Köstlichkeiten auch schon kreiert, „diesmal mit Himbeeren.“ Mit Steffi Kania, die in Bernau am Chiemsee eine Schokoladen-Werkstatt führt, entwickelte sie das Rezept. Wie ihre Protagonistin Judith Rothmann mit Gewürzen und Geschmacksnoten zu experimentieren, das hat der Autorin Spaß gemacht. Das Erscheinen des zweiten Bandes will sie mit einem erlesenen Kreis ihrer Fans und Wegbegleiter im Kölner Schokoladenmuseum feiern.

Die Lesung von Maria Nikolai aus „Die Schokoladenvilla“ im Oberen Schloss in Neuhausen beginnt am Freitag, 29. März, um 19.30 Uhr. Der Eintritt kostet 8 Euro. Kartenvorverkauf in der Öffentlichen Katholischen Bibliothek, Telefon 07158/9134207. Am 4. April liest sie um 20 Uhr in Nellingen bei der Buchhandlung Straub An der Halle.

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