Von Dietholf Zerweck

Stuttgart - Gegründet wurde das Gstaad Festival im Berner Oberland von Yehudi Menuhin schon in den 1950er-Jahren. Seit 2010 hat es sein eigenes Festspielorchester, in dem laut Programmhefttext die besten Musiker der führenden Schweizer Orchester als „musikalische Nationalmannschaft“ zusammenspielen. Beim diesjährigen Auftritt im „Meisterkonzerte“-Zyklus klafften Wunsch und Wirklichkeit doch ziemlich auseinander. Von der Optik her schienen die jüngeren Mitglieder - auch ausgewählte Studenten der Schweizer Musikhochschulen sind Teil des jeweiligen Klangkörpers - fast in der Überzahl. Außerdem befindet sich das Gstaad Festival Orchestra derzeit in einem Umbruch, denn nach den Gründerjahren unter dem charismatischen Neeme Järvi und dessen Sohn Kristjan Järvi übernimmt ab der kommenden Saison Jaap van Zweden die künstlerische Leitung, der ab kommendem Jahr als Music Director der New Yorker Philharmoniker antritt.

Undifferenzierte Begleitung

Zum Stuttgarter Gastspiel leitete der vom Bassposaunisten des Bayerischen Rundfunkorchesters zum Dirigenten katapultierte Joseph Bastian das Gstaad Festival Orchestra. Er ist ein solider Kapellmeister, der jedoch der Ouvertüre zu Rossinis „Barbier von Sevilla“ wenig Esprit entlockte. Während Bastian aufs Podium eilt und sogleich den Taktstab zückt, rückt der Konzertmeister zum Eröffnungsakkord noch die Geige ans Kinn. Holzbläserwitz und Orchester-Crescendi zünden nur in Maßen.

Ziemlich undifferenziert war dann auch die Begleitung von Khatia und Gvantsa Buniatishvili in Mozarts Konzert für zwei Klaviere und Orchester KV 365. Die georgischen Schwestern, von denen die um ein Jahr ältere Gvantsa allmählich etwas aus dem Schatten der berühmteren Khatia tritt, boten eine gut aufeinander abgestimmte Interpretation des Klavierparts. Mehr artikulierte Emotion bei der einen, mehr kühle Sachlichkeit bei der anderen prägten die dialogische Struktur: „Wenn ich Luft bin, dann ist sie die Erde“, hat Khatia Buniatishvili einmal über ihre Schwester gesagt. Temperamentvoll die Zugabe von Astor Piazzollas „Libertango“ vierhändig am Steinway.

Mendelssohns „Italienische“ Sinfonie A-Dur zum Schluss verholperten die Holzbläser im Eingangssatz, das Andante in seiner leicht melancholischen Stimmung war dagegen gut erfasst. Mendelssohn soll von einer Prozession inspiriert worden sein, die er auf seiner Italienreise im Winter 1830/31 in Neapel erlebt hatte. Im Scherzo brillierten die Hörner, das mitreißende „Saltarello“-Finale tanzte mühsam. Auch hier blieb Bastian den sprühenden Einfällen Mendelssohns, der eine Volksweise in siebenteiliger Rondoform sich verwandeln lässt, einiges schuldig.

Im Gegensatz zum Auftritt vor zwei Jahren mit Patricia Kopatschinskaja und Sol Gabetta als Solisten war das heurige Gastspiel des Gstaad Festival Orchestra von eher mittelmäßiger Qualität.