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Wooden Elephant wurde einst beim Podium-Festival gegründet. Beim Kulturrucksack-Konzert des Podium-Festivals begeisterten die Musiker ihr junges Publikum.

EsslingenSie zupfen, streichen, klopfen, reiben und schubbern auf ihren Instrumenten. Sie lassen den Bogen hüpfen, sie rätschen über die Saiten. Sie dreschen für den Rhythmus mit getrockneten Früchten aufs Notenpult. Sie halten schwingende Stimmgabeln an den Korpus des Kontrabasses. Sie zwirbeln die Saiten mit einem Ventilator, schlagen sie mit einem bänderverzierten Milchaufschäumer und traktieren sie mit der Bohrmaschine. Sie nützen Vogelflöte, Glockengeläut, Mini-Drehorgel und Puppen-Klavier. Und sie sorgen mit ein bisschen Bühnennebel, einer beeindruckenden Light-Show und ganz viel Leidenschaft für eine großartige emotionale Stimmung im Saal. Das klingt auch mal nach Gezirpe, Gekreische und Gejaule.

Und das Publikum fragt sich, ob das ohrenbetäubende Knacksen im Lautsprecher nun Absicht oder ein Versehen ist? Egal, es reißt die Kids vom Hocker – tatsächlich und im übertragenen Sinne auch: Esslingens Sechstklässler hielt es bei den drei Kulturrucksack-Konzerten im Rahmen des Podium-Festivals nicht auf ihren Stühlen, und alle haben sich ein bisschen in das Ensemble Wooden Elephant, seine total verrückten Arrangements und seine spektakuläre Musik-Show verliebt. „Hei, das war echt geil und mit echten Geigen“, schwärmte ein Schüler, als er zu Konzertende auf einer Partytröte laut tutend, mehr lärmend als musizierend, aus dem Komma auszog.

Das Ensemble Wooden Elephant wurde einst beim Podium-Festival auf Initiative von Bratschist Ian Anderson gegründet und ist mittlerweile auf Bühnen in ganz Europa unterwegs. Wooden Elephant sind fünf klassisch ausgebildete Streicher, großartige Instrumentalisten, die aber alle auch unglaublich viel Spaß an Popmusik, am Experimentieren und Improvisieren haben. Zu Wooden Elephant gehören die Irin Aoife Ni Bhriain (Violine) mit dem Flexaton, mit dem sich die Töne so herrlich biegen lassen, die Isländerin Hulda Jonsdottir (Violine) mit dem Grummelrohr, der Schotte Ian Anderson (Viola) mit der Bohrmaschine, der Bulgare Stefan Hadjiev (Cello) mit dem Kazoo und der Norweger Nikolai Matthews (Kontrabass) mit dem Klang-Rad. Nach Björks Album „Homogenic“ und Radioheads „Kid A“ haben sie sich für dieses Jahr Beyoncés Konzeptalbum „Lemonade“ vorgenommen, fürs Streich-Quintett bearbeitet und ein „Best of“ aus den drei Alben in den Kulturrucksack eingepackt.

Die Fünf gehen keiner Herausforderung aus dem Weg und spielen ein Stück mit Hilfe von Gegenständen, die die Jugendlichen vorschlagen: So wird Björks „Immature“ mit Münzen und Gummiband zelebriert, und ein getragener Turnschuh gibt für Ian Anderson einen prima Geigenbogen ab. Die Cellistin und Singer-Songwriterin Marie Spaemann führt durchs Programm und lockt das Publikum, den Rhythmus aufzunehmen: „Das ist eine groovy Nummer. Jeder Mensch hat seinen eigenen Beat. Als Band muss man aber einen gemeinsamen Pulsschlag haben.“ Mit ein bisschen Übung bebt das Jugendhaus zu „Freedom“ von Beyoncé. Gemeinsam wird zu Björks „Bachelorette“ geklatscht, gehüpft und sich geschüttelt, eine kleine Traumreise mit geschlossenen Augen sorgt für Entspannung, bevor zum Abschluss gemeinsam Party gemacht wird und die Kids auf Tröten pusten, was das Zeug hält. Die Musiker mischen sich unters Publikum, beantworten Fragen, erklären ihre Instrumente, grinsen für Selfies und finden sich zum Abschluss noch einmal zusammen zu einer kleinen, feinen Saalmusik.