Viktor Schoner freut sich auf seine Intendanz. Die Debatte um Opernhaus-Sanierung und Interimsquartier nimmt er gelassen. Foto: dpa - dpa

Der neue Intendant Viktor Schoner baut Stuttgarts Oper um und steht für einen Generationenwechsel.

StuttgartNein, selbst Regie führen werde er auf keinen Fall, betont Viktor Schoner, Stuttgarts neuer Opernchef. Seine Intendanz will er fundamental anders auslegen als sein hoch geschätzter Vorgänger Jossi Wieler. Der inszenierte zusammen mit seinem Regie-Partner Sergio Morabito dem Ensemble ein ums andere Mal viel beachtete Produktionen auf den Leib. Sechs davon übernimmt Schoner in seinen ersten Spielplan. Bescheiden plante er seine Intendanz über anderthalb Jahre lang in einem Container im Innenhof der Oper. Er wurde ursprünglich auch geholt als Organisator für die anstehende, jahrelange und millionenschwere Sanierung des Opernhauses, die sich aber immer weiter verzögert.

„Eventuell“, sagt Schoner, werde man in den nächsten sechs Jahren aus dem ehrwürdigen, aber in die Jahre gekommenen Opernhaus ausziehen. „Eventuell“, wiederholt der Lockenkopf und grinst. Gelassen nimmt er die politische Diskussion um die Sanierung und die Suche nach einer Interimsspielstätte. Es bleibe ihm ja nichts anderes übrig, sagt der 43-Jährige, der von der Bayerischen Staatsoper kommt. Stuttgart ist seine erste Intendanz. Künstlerischer Betriebsdirektor war Schoner zuletzt etliche Jahre in München unter der Intendanz von Nikolaus Bachler. Auch dort erarbeitete er sich den Ruf als fleißiger Organisator. Er sei sich jedoch stets bewusst gewesen, wohin er will. „Das war schon so angelegt“, kommentiert er seinen zielstrebigen Weg an die Spitze eines großen Theaters.

Stuttgart „passt“ nun, sagt er und räumt ein, kein „Opern-Nerd“ zu sein und sich vom „Bling-Bling“ in München bewusst ferngehalten zu haben. Viele festliche Abende wünsche er sich in Stuttgart. „Oper ist etwas Feierliches, klar.“ Er sei aber in erster Linie Musiker, sagt der ausgebildete Bratschist und Musikwissenschaftler. Mit einem Hang zu Mozart. „Ohne Mozart wäre nichts.“ Im Sommer aber hatte er auch Karten für ein Konzert der Elektro-Popband Kraftwerk auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

Schoner setzt in Stuttgart auf Tradition und Experiment: Eröffnen wird er seine erste Spielzeit am 28. September mit Achim Freyers 40 Jahre alter, aber nach wie vor Maßstäbe setzender Inszenierung von Carl Maria von Webers „Freischütz“. Einen Tag später folgt Arpád Schillings Neuinszenierung von Richard Wagners „Lohengrin“. Schilling ist bisher in Stuttgart unbekannt, mache aber anderswo Furore, sagt Schoner und betont: Als Intendant wolle er viele verschiedene Handschriften zeigen. Experimentell wird es am 2. November, wenn Hans Op de Beeck „Herzog Blaubarts Burg“ von Bartók im ehemaligen Paketpostamt als Gesamtkunstwerk inszeniert – dort, wo zeitweilig die Interimsspielstätte geplant war.

In Osterode im Harz geboren, wuchs Schoner in Aschaffenburg auf. Er fühle sich als Unterfranke, sagt er. An der Seite des Opernmanagers Gerard Mortier schärfte er sein Organisationstalent, arbeitete mit ihm bei den Salzburger Festspielen und gestaltete mit ihm die erste RuhrTriennale. Es folgten Stationen an der Opéra National de Paris bis 2008 und zuletzt eben an der Staatsoper München.

Mit Schoner und dem ebenfalls neuen Generalmusikdirektor Cornelius Meister geht an der Oper auch ein Kinderboom einher: Schoner hat drei, keines von ihnen älter als elf. Und auch Meister bringt drei Jungs mit. Die Familie rasch dabei zu haben, sei ihm sehr wichtig gewesen, sagt Schoner. Es ist ein klarer Generationswechsel für die erfolgsverwöhnte Stuttgarter Oper: Schoner ist 24 Jahre jünger als Wieler, Meister sogar 32 Jahre jünger als sein Vorgänger Sylvain Cambreling.