Im Tanz finden die Mitglieder des Hope Theatre aus Nairobi und die Besucher aus Köngen in der Eintrachthalle schnell eine gemeinsame Ebene. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Junge Künstler aus Nairobi zeigten in der Eintrachthalle Köngen eine turbulente Show über fairen Handel. Der Stuttgarter Regisseur Stephan Bruckmeier, der auch in der kenianischen Metropole lebt, half den jungen Menschen aus den Slums, ihre Profilaufbahn einzuschlagen.

KöngenZu afrikanischen Trommelklängen bewegen sich die Tänzer des Hope Theatre aus Nairobi auf der Bühne der Eintrachthalle. Einige Köngener haben sie spontan zu sich geholt. Die Männer und Frauen lassen sich vom Temperament der jungen Künstler mitreißen. Dass Kommunikation auch ohne Sprache klappt, zeigte das Ensemble des sozialpolitischen Theaters, das der österreichisch-deutsche Regisseur Stephan Bruckmeier vor zehn Jahren gegründet hat. „Arbeit statt Mitleid“ lautet das Motto des ehemaligen Intendanten des Stuttgarter Autorentheaters Rampe. Die Akteure sind in den Slums der Metropole aufgewachsen. Jetzt stehen sie als Profis auf der Bühne, sind derzeit auf Europa-Tournee.

„Hope heißt Hoffnung, das ist schön“, findet Ev-Marie Lenk vom Köngener Weltladen-Team. Sie hat den ganzen Tag mit den Künstlern verbracht, die am Dienstagfrüh in der Burgschule gastierten. „Alle haben in der Turnhalle getanzt“, schwärmt Lenk und zeigt spontan ein Video, das sie selbst mit dem Handy aufgenommen hat. Die Gemeinde Köngen als Fair-Trade-Town, die Initiative Eine Welt und Oiko Credit haben das Gastspiel finanziert. „Fair Trade Show“ haben die Künstlerinnen und Künstler ihr Projekt genannt. Die Revue variiert locker zwischen Tanzszenen und vergnüglichem Lehrtheater über die Ungleichheit zwischen den Kontinenten.

„Die Blickwinkel von Europäern und Afrikanern sind ganz anders“, bringt Bruckmeier die Unterschiede auf den Punkt. Behutsam hat der 57-jährige Theatermann die jungen Leute da abgeholt, wo sie stehen. Keineswegs will er ihnen die europäische Sicht aufzwingen. „Den jungen Afrikanern dabei helfen, eine eigene Theatersprache zu finden, ist das Ziel meiner künstlerischen Arbeit.“ Seit zehn Jahren lädt der Künstler, der in Stuttgart und in Nairobi lebt, immer wieder Schauspieler ein, die das Hope-Ensemble coachen. „Es geht darum, dass sie ihre eigenen Themen und Formen finden.“

Die Mitglieder kommen aus den Armenvierteln der kenianischen Metropole. „Wir spielen für Kinder in Waisenhäusern und für Menschen in Gefängnissen“, erzählt Pauline Akinyi Dnyamuv, die zum dreiköpfigen, rein weiblichen Leitungsteam des Tourneetheaters gehört. Neun Jahre ist es her, dass sie sich dem Theaterprojekt anschloss. „Nach der weiterführenden Schule habe ich mit dem Theater begonnen.“ Obwohl sie nicht an einer Schauspielschule war, hat sie in dieser Zeit viel gelernt. Inzwischen ist sie ein Vollprofi. „Manchmal werden wir von den Europäern belächelt, weil wir nicht die klassische Ausbildung haben.“ Das lässt die Kulturmanagerin und Künstlerin nicht gelten. Bruckmeier ist für die jungen Leute ein ebenso kluger wie humorvoller Lehrer.

Wie entwickelt das Ensemble die Stücke, die sich um Themen wie Wasser, Klimawandel oder Jugendarbeitslosigkeit drehen? „Wir spielen Szenen und reden über Themen, die uns bewegen“, beschreibt Monica Atieno Oduor die Arbeitsweise. Sie komponiert die Musik. Aus Gesprächen entstehen die Stücke. Bruckmeier lässt die jungen Leute ihren eigenen Weg, ihre ästhetischen Ausdrucksmittel finden. Dass künstlerisches Schaffen ohne Disziplin nicht denkbar ist, vermittelt er nebenbei.

Dass viele der jungen Leute zu Profis geworden sind, macht den Regisseur stolz. Am 5. November stehen die Tänzer und Spieler am Staatstheater Karlsruhe in der Produktion „Peace“ mit deutschen Kollegen auf der Bühne. Über Facebook und WhatsApp pflegen die jungen Kenianer den Kontakt zu ihren deutschen Freunden. „Durch diesen Austausch lernen sie, einander zu verstehen“, ist Bruckmeier überzeugt. Er ist auch ein begnadeter Vernetzer. Obwohl er seit Jahrzehnten erfolgreich Fördermittel für seine Projekte einwirbt, wünscht er sich mehr finanzielle Unterstützung für seine besondere Form der Entwicklungshilfe.

Beeindruckt vom Potenzial des Hope Theatre ist Reinhold Hummel. Der Vorsitzende der Initiative Eine Welt freut sich, dass die international gefragte Gruppe in Köngen gastierte. „Es ist wichtig, dass wir mit Projekten wie diesem gegenseitig unsere Kulturen kennenlernen.“

www.hope-theatre.info