Weltweit gefragt und finanziell von den Tourneen abhängig: Cape Town Opera um Mandla Mndebele. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Dietrich Heißenbüttel

Seit neun Jahren gibt des den Förderverein Herzklopfen, der die Herzchirurgie des Esslinger Klinikums bereits mit bedeutenden Spendenbeträgen unterstützt hat. Zwei Mitglieder des Vereins, Helmut und Gerda Jung, leben in Kapstadt. Durch ihre Vermittlung gelang es, fünf Solistinnen und Solisten der Cape Town Opera für ein Benefizkonzert in der Stadtkirche St. Dionys zu gewinnen - und zwar als erste Station einer Tournee, die sie noch nach Hamburg, London, New York und Dubai führen wird. Der Bedeutung des Ereignisses bewusst, ließ sich Oberbürgermeister Jürgen Zieger, der gern klassische Musik hört, die Chance nicht entgehen, einige Worte zur Begrüßung zu sprechen. Denn die Cape Town Opera ist international sehr gefragt. Sie ist umgekehrt aber auch auf die Einnahmen aus ihren Welttourneen angewiesen, aus denen sie sich vollständig finanziert. So ergab sich für das Publikum die Gelegenheit, gleich zweimal Gutes zu tun: für die Kardiologie und für die Oper von Kapstadt, die auch im eigenen Land überall unterwegs ist, um junge Menschen für klassischen Gesang zu begeistern.

Das Auditorium gefangen genommen

Das Programm beginnt mit Opern-Klassikern. Der groß gewachsene Bariton Mandla Mndebele betritt als Bajazzo mit Hütchen und roten Hosenträgern die Bühne, um sehr präsent und stimmgewaltig den Prolog aus Ruggero Leoncavallos gleichnamiger Oper vorzutragen, gefolgt von Frances du Plessis, die mit den reichen Koloraturen einer Arie aus Vincenzo Bellinis „Die Nachtwandlerin“ glänzt. Anschließend ist zum ersten Mal die Sopranistin Siphamandla Yakupa Moyake zu hören, und zwar mit „Pace pace mio dio“ aus Giuseppe Verdis „Die Macht des Schicksals“: Vom Schicksal gebeutelt, sehnt die verzweifelte Leonora den Tod herbei. Mndebele antwortet nun mit dem Tenor Lukhanyo Moyake im Duett des Don Carlos und des Marquis de Posa, ebenfalls von Verdi nach dem Drama von Friedrich Schiller. Beliebte Glanzstücke der Opernliteratur, gewiss, aber es ist zu bemerken, dass die Sängerinnen und Sänger ohne Orchester, nur begleitet von der exzellenten Pianistin Samantha Riedel, es in kürzester Zeit fertig bringen, das Auditorium gefangen zu nehmen. Mit „Durch die Wälder, durch die Auen“ aus Carl Maria von Webers „Der Freischütz“ betritt Johannes Slabbert bekanntes Terrain. Die frohgemute Stimmung schlägt bald um, und man leidet mit dem Tenor, wenn er singt: „Hat denn der Himmel mich verlassen?“ Ebenso wie mit Siphamandla Yakupa als Gretchen im Trio aus Charles Gounods „Faust“, die in der tragischen Rolle erneut eine außerordentlich gute Figur macht.

Der Applaus ist so verdient wie sicher

Aber es bleibt nicht beim Drama. „Freunde, das Leben ist lebenswert“, schmettert Lukhanyo Moayke in den Kirchenraum - aus Franz Lehárs Operette „Giuditta“ - und bringt damit die Stimmung des Abends auf den Punkt. Die drei Nummern aus Leonard Bernsteins „West Side Story“, angefangen mit dem bekannten Song „Maria“, sind demgegenüber leichte Unterhaltung. Ebenso das Quintett aus Bernsteins „Candide“ nach dem Roman des Philosophen Voltaire, zu dem Barbara Scherrer als Moderatorin einen nach der anderen aufs Podium ruft und dazu erzählt, was sie veranlasst hat, Opernsänger und -sängerin zu werden. Das Programm ist darauf ausgerichtet, die Herzen des Publikums zu gewinnen, um die Mittel zu erwirtschaften, die Cape Town Opera am Leben zu erhalten, die ganz ohne staatliche Förderung auskommen muss. Aber sie tun das unübertrefflich, und das ironische Lächeln Siphamandla Yakutas bei den Bernstein-Nummern deutet an, dass nicht unbedingt alles so bierernst zu nehmen ist.

Zum Schluss zeigen sie aber auch noch, woher sie kommen. Insbesondere der Chorgesang ist in Südafrika hoch entwickelt. Die Solisten der Cape Town Opera geben zwei Kostproben traditionellen mehrstimmigen Gesangs, einmal mit Klavier, einmal ohne, freilich immer im Bel-Canto-Stil der europäischen Oper. Die Zugabe ist eingeplant: Leonard Cohens „Hallelujah“. Und der begeisterte Applaus so verdient wie sicher.