Emil Schumachers Aquatinta-Bild „3/1991“. Foto: Eberle Quelle: Unbekannt

Von Elke Eberle

Wendlingen - Sich von Konventionen jeder Art zu lösen und einen neuen Kunstbegriff zu konstituieren ohne das Korsett des klassischen Formprinzips, das trieb viele Künstler der Nachkriegszeit an. 1951 prägte der französische Kunstkritiker Michel Tapié den Begriff des „Informel“ für eine Kunstrichtung, die unter anderem Spontaneität, das Agieren und Reagieren und den Zufall in den Schaffensprozess einband. Fast gleichzeitig begann Kraft Bretschneider, Kunst zu sammeln, sein Schwerpunkt: Alles, was aktuell war. Jetzt zeigt der Galerieverein in der Galerie der Stadt Wendlingen aus der Stiftung „Kunst und Recht“ ausgewählte Arbeiten von Emil Schumacher und Zeitgenossen.

Die Tübinger Stiftung „Kunst und Recht“ entstand aus dem Nachlass von Kraft Bretschneider. Er wurde 1920 in Dresden geboren, arbeitete als Werbepsychologe und war leidenschaftlicher Kunstsammler. Im Jahr 2000 starb er in Hamburg. Seine Nichte und Erbin Donata Bretschneider gründete ein Jahr später die Stiftung Kunst und Recht in Tübingen. Ein Ziel der Stiftung ist es, Kunst, ihren Bildungsauftrag und gesellschaftliche Fragen zu verknüpfen.

Bretschneider begann bereits als Student in Frankfurt die Nachkriegs-Künstler des Informel, vor allem aber Emil Schumacher zu sammeln. Die Sammlung besteht aus 1000 Blättern, darunter sind zahlreiche Arbeiten von Bernhard Schultze, eine frühe Zeichnung, ein spätes Gemälde und 54 Graphiken von Hans Hartung, aber auch Werke von Jean Dubuffet oder Karl Otto Götz, außerdem von Vertretern des spanischen ebenso wie des italienischen Informel. Bretschneider sammelte Künstler der Gruppe Cobra und Werke des amerikanischen abstrakten Expressionismus. Die ältesten Arbeiten der Sammlung sind eine Farblithographie von Willi Baumeister und eine Zeichnung von Hans Hartung, beide sind um 1935 entstanden. Die jüngste Arbeit ist ein 1992 entstandenes Gemälde von Emil Schumacher.

Die Ausstellung blättert vor allem das graphische Werk Emil Schumachers auf. Ein wenig verblassen die anderen Künstler neben ihm, mit einigen Ausnahmen selbstverständlich. Etwa Hans Hartung mit seinen dynamischen und dramatischen Farbradierungen oder Antoni Tàpies mit herrlichen Farblithographien.

Schumacher steht eindeutig im Zentrum der Sammlung und der Ausstellung, von seinen Anfängen 1946 und 1948 bis zu seinem umfangreich repräsentierten Spätwerk der frühen 1990-er Jahre.

Emil Schumacher wurde im August 1912 im westfälischen Hagen geboren und starb 1999 auf Ibiza. Er studierte Werbegraphik in Dortmund, arbeitete als freier Maler und war in den Kriegsjahren Technischer Zeichner in einem Hagener Rüstungsbetrieb. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges folgte bald die erste Einzelausstellung, er lehrte unter anderem in Hamburg und Karlsruhe, seine Arbeiten waren auf der documenta in Kassel und der Biennale in Venedig zu sehen. Er wurde schnell zu einem der wichtigsten Künstler der Nachkriegszeit.

Das Informel war eine Blütezeit der Graphik und auch das zeigt die Ausstellung, ebenso wie Schumachers dominierende Themen, die Eigenwertigkeit der Farbe und der Farbmaterie und sein unermüdliches Plädoyer für die Eigenständigkeit von Kunst. Viele Aspekte seines Schaffens werden angerissen, so ist auch ein „Dahl“ (Hammerbild), ein Ölbild auf eingeschlagenem Holz von 1966 zu sehen. Es zeigt Schumachers wachsendes Interesse an löchernen Strukturen, an Gegensätzlichkeiten, seine Ablehnung alles Programmatischen. In den 1960-er und 1970-er Jahren hatte Schumacher, wie viele seiner Künstlerkollegen freundlich spotteten, „den Bogen raus“, der Bogen war das beherrschende Thema, in den unterschiedlichsten Variationen, leicht und zart, schwer und voluminös. Schumacher spielte mit großer Meisterschaft mit verschiedenen Techniken, seine Werke haben im Spätwerk oft keine Titel mehr, nur Nummern und Jahreszahlen. Einige sind dunkel und schwer, andere lichterfüllt und hell. Jede einzelne steht und spricht für sich, alleine und stark.

Bis 7. Januar 2018, Öffnungszeiten: mittwochs bis samstags 15 bis 18 Uhr, sonntags 11 bis 18 Uhr. Während der Feiertage geschlossen, geöffnet am 6.1., weitere Informationen: www.galerie-wendlingen.de