Frank Sauer stochert im Beziehungssalat. Foto: Matthias Willi - Matthias Willi

In Stetten stand Frank Sauer das erste Mal auf der Bühne – als Riese Lärmemaul. Am Samstag kommt der Träger des baden-württembergischen Kleinkunstpreises in die Kronenkomede nach Bonlanden. Das ist für den gefragten Künstler, der in großen Häusern von Leipzig bis Bonn gastiert, wie Heimkommen.

FilderstadtAls Riese Lärmemaul stand der Kabarettist und Comedian Frank Sauer in Stetten auf den Fildern zum ersten Mal auf der Schülerbühne. Am Samstag, 7. Dezember, tritt er in der Kronenkomede in Bonlanden auf. Inzwischen ist Sauer ein gefragter Künstler, der an bekannten Häusern von Leipzig bis Köln gastiert. Im Interview spricht der 60-Jährige über den großen Reiz, den die Kleinkunst bis heute auf ihn ausübt.

Sie sind in Berlin geboren, haben aber einen Teil ihrer Jugend in Stetten auf den Fildern verbracht. Ihre Eltern leben in Nürtingen, Sie sind bei Freiburg heimisch geworden. Wie ist es denn, jetzt in die Kronenkomede heimzukommen?
Bei meinen Eltern bin ich oft – erst neulich, weil ich kurzfristig nach Ägypten geflogen bin. Das ist schon so ein Stück nach Hause kommen. Von der vierten Klasse bis nach dem Zivildienst habe ich erst in Stetten, dann in Stuttgart gelebt. Es weckt Heimatgefühle, wenn ich Schwäbisch höre.

Sie haben da auch Ihre ersten Theatererfahrungen auf der Schülerbühne gesammelt und einen Riesen gespielt…
Ja, der hieß Lärmemaul. Das hat gepasst. Damals kam ich im Alter von neun Jahren als Berliner Junge in diese Dorfschule, hatte eine ziemlich freche Klappe, da habe ich mich nicht verändert. Das war für die anderen Kinder natürlich aufregend, so ein neuer Schüler aus der großen Stadt.

Ihre Magisterarbeit haben Sie in Literaturwissenschaft geschrieben – zur „Theorie des Kabaretts“. Wie haben die Professoren denn auf dieses Thema jenseits des klassischen Kanons reagiert?
Das war bei mir ganz einfach, weil ein Professor ein Seminar in darstellendem Spiel angeboten hat. Das war im Fach Soziologie. Nach diesem Kurs habe ich mit anderen Teilnehmern eine Kabarettgruppe gegründet, die der Prof geleitet hat. Dabei wurde mir klar, dass ich über dieses Thema meine Abschlussarbeit machen möchte. Aus meiner Praxis als Kabarettist reifte der Wunsch, mich auch theoretisch mit dieser Kunstform zu beschäftigen.

Ihr erstes Soloprogramm hieß „Stocksauer“. Ich hätte ja gedacht, dass man als Kabarettist und Comedy-Künstler immer gut drauf sein muss. Ist das nicht so?
Man muss schon gut drauf sein. Aber man darf auch gut drauf sein, wenn man Themen wie Aggressivität und Gewalt bearbeitet – das darf auch witzig sein. Ich mache ja kein Drama. Natürlich war das auch ein Wortspiel mit meinem Namen – wie auch das Folgeprogramm „Sauerei“. Das Thema und der Titel sagen ja nichts darüber, wie sich der auf der Bühne fühlt.

Im Jahr 2000 haben Sie mit anderen Künstlern eine Gruppe gegründet, die sich mit Heinz Erhardt beschäftigt. Das Programm läuft bis heute erfolgreich, am 25. April 2020 wieder im Stuttgarter Theaterhaus. Wie schafft man es denn, einen Menschen wie ihn, der mit seiner Wortkunst und seinen Kalauern die Szene geprägt hat, nach Jahrzehnten auf der Bühne lebendig werden zu lassen?
Das Projekt ist aus einer Kneipenlaune entstanden. Wir sind ganz unterschiedliche Typen. Ich komme von der Kabarett- und Comedy-Schiene, Volkmar Staub ist ein politischer Kabarettist. Günter Fortmeier kam vom Varieté, beherrscht Bauchreden und Puppenspiel. Und dann war Florian Schröder noch dabei, inzwischen ein bekannter Imitator. Uns ging es darum, Heinz Erhardt auf die Bühne zu bringen, ohne ihn imitieren zu wollen. Wir lassen seine Kunst durch den Filter unserer Zeiterfahrung laufen. Florian Schröder hat ein Lied von Heinz Erhardt gemacht, aber als Grönemeyer. Ich habe die Gedichte vom Ritter Fips als Hip-Hop interpretiert. Volker Staub hat in jedes Gedicht versucht, was Politisches reinzuinterpretieren, was hanebüchen ist.

Ihnen geht es nicht allein um Zeitgeist-Themen, sondern auch um die Liebe. Wie erarbeitet man denn so ein Programm?
Zum einen fließen Erlebnisse des Alltags ein. Was aus Radio, Fernsehen und Zeitung auf mich einstürmt, arbeite ich da ein. Wichtig ist dabei immer, den kabarettistischen Blick zu haben. Vereinfacht gesagt, wird der jeweilige Gedanke immer noch eine Schraube weitergedreht. Es geht darum, die Wirklichkeit noch etwas absurder zu machen. Dann werden viele Alltagssituationen schon richtig kabarettabel. Ganz wichtig ist, sich konzentriert hinzusetzen und zu schreiben – auch wenn vieles im Müll landet. Zu warten, dass einen die Muse küsst, das wäre vergebens. Meine Programme stelle ich unter ein bestimmtes Thema, das ich aus vielen Blickwinkeln betrachte. Ich konzentriere mich aber immer auf eines, das sind jetzt aktuell Beziehungen. Dabei schaue ich nicht alleine auf das, was am Küchentisch passiert. Mir geht es um aktuelle Diskurse wie #meeto oder die Gender-Debatte.

Wenn man populistische Politiker wie Donald Trump und Boris Johnson bei ihren TV-Auftritten verfolgt, die toppen die Satire ja bei weitem. Was hat man dem denn als politischer Kabarettist und Comedian entgegenzusetzen?
Das ist schwierig, denn das ist die politische Wirklichkeit. Was sie vom Kabarettisten und Comedian unterscheidet, ist, dass sie sich selbst furchtbar ernst nehmen. Damit umzugehen, würde bedeuten, sich über sie lächerlich zu machen. Aber das machen sie ja selber schon. Zudem hat ihr Handeln ernste Konsequenzen.

Als Kabarettist sind Sie deutschlandweit und in großen Häusern von Leipzig bis Köln unterwegs . Was reizt Sie denn an der kleinen Kronenkomede des Ehepaars Gollmann in Bonlanden?
Mich reizt der Kontakt zum Publikum, man ist richtig nah dran. Dazu kommt, dass das hier meine alte Heimat ist. Ich hab hier viele Freunde, und natürlich kommen auch meine Eltern. Alles wirkt auf eine schöne Weise improvisiert, und es gibt gutes Essen. Die Atmosphäre in den Räumen ist einfach schön. Der Kontakt mit den Gollmans ist lange gewachsen, deshalb komme ich immer wieder gerne.

Das Interview führte Elisabeth Maier.

Frank Sauer tritt am Samstag, 7. Dezember, in der Kronenkomede in Bonlanden (Kronenstraße 6) auf. „Scharf angemacht – Die besten Rezepte für Beziehungssalat“ heißt sein Programm. Der Eintritt kostet 25 Euro inklusive einem Glas Prosecco; bereits ab 18 Uhr gibt es schwäbische Gerichte. Der Auftritt beginnt gegen 19.45 Uhr. Bereits am Freitag, 6. Dezember, 19.45 Uhr, ist die „schwäbische Schwertgosch“ LinkMichel in der Kronenkomede zu Gast; Eintritt 25 Euro inklusive Prosecco.

www.kronenkomede.de