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Stuttgart (mez) - Erwartungsgemäß hat der Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater gestern Burkhard C. Kosminski zum Stuttgarter Schauspielintendanten ab Herbst 2018 gewählt. Einstimmig folgte das Gremium damit der Empfehlung einer Findungskommission, die im März den derzeitigen Mannheimer Schauspielchef als Nachfolger von Armin Petras vorgeschlagen hatte (wir berichteten). Petras, seit 2013 Stuttgarter Schauspielintendant, verlässt das Haus nach der nächsten Spielzeit. Damit sind am Staatstheater im kommenden Jahr die Weichen in allen Sparten auf Neustart gestellt: An der Oper wird Jossi Wieler von Viktor Schoner abgelöst, am Ballett folgt Tamas Detrich auf Reid Anderson.

Zu seinen konkreten Plänen wollte sich Kosminski gestern noch nicht äußern. Er kündigte lediglich an, wie bereits in Mannheim auch in Stuttgart einen Schwerpunkt auf Uraufführungen zu legen. Gegenüber unserer Zeitung sagte er, er wolle „Petras’ regieorientierten Ansatz“ ein Stück weit zu einem „autorenorientierten“ verändern. Autorinnen und Autoren wie Roland Schimmelpfennig, Theresia Walser oder die aus Stuttgart stammende Felicia Zeller, mit denen Kosminski in Mannheim zusammenarbeitete, könnten dabei Text-Aufgaben bekommen.

Er „fremdelt“ nicht mit der Region

Auch etwas ganz anderes unterscheidet Kosminski von dem Berliner Petras: Er „fremdelt“ nicht mit der hiesigen Region, ganz im Gegenteil. 1961 in Schwenningen geboren und in der Umgebung Stuttgarts aufgewachsen, erfuhr er seine „theatralische Sozialisation“, wie er sagt, als junger Zuschauer im Staatsschauspiel während der legendären Intendanz Claus Peymanns von 1974 bis 1979. Als Schauspieler debütierte Kosminski am Stuttgarter Theaterhaus, studiert hat er freilich in New York. Er spielte auch in Filmen und Fernsehserien, machte als Theaterregisseur in den USA, an der Berliner Schaubühne, den Schauspielhäusern in Frankfurt und in Dresden sowie an anderen Bühnen auf sich aufmerksam. 2001 wurde er leitender Regisseur in Düsseldorf, 2006 wechselte er nach Mannheim.

Der Schauspielsparte des Mannheimer Nationaltheaters bescherte er wachsende Zuschauerzahlen. Kosminski gilt - auch dies ein Unterschied zu dem manchmal unnahbar wirkenden Petras - als publikumsnah. Aber er kann auch ganz anders. Mit seiner auf die Nazi-Zeit und den Holocaust bezogenen Düsseldorfer „Tannhäuser“-Inszenierung von 2013 erschreckte er die Zuschauer dermaßen, dass Opernintendant Christoph Meyer sofort nach der Premiere alle weiteren Vorstellungen absagte: ein singulärer Zensurfall in der jüngeren bundesdeutschen Theatergeschichte.