Wiederhören macht Freude: Hans-Jürgen Buchner und seine Band Haindling feierten mit ihren Fans auf der Esslinger Burg Geburtstag. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

„Was gibt es Schöneres, als anderen Menschen mit seiner Musik Freude zu bringen?“, fragt Hans-Jürgen Buchner, und er gibt sich die Antwort, sobald er mit seiner bayerischen Kult-Combo Haindling auf der Bühne steht. Es ist die schiere Lust am Musizieren, die diese Band seit 35 Jahren antreibt. Und wo sich andere damit begnügen, sich und ihre alten Erfolge immer und immer wieder feiern zu lassen, erfindet sich Haindling ständig neu, ohne die eigenen Wurzeln zu vergessen. Davon konnte sich am Sonntagabend das Publikum auf der Esslinger Burg überzeugen, wo die Band mit ihren Fans ein Bühnenjubiläum feierte, das sich hören lassen konnte - allerdings auch deutlich mehr Zuhörer verdient gehabt hätte. Und am Ende gingen die Allermeisten strahlend nach Hause, weil sie eine Extraportion Glückseligkeit getankt hatten.

Klingende Souvenirs aus aller Welt

Haindling - das sind sechs äußerst vielseitige Musiker: Michael Braun spielt Saxofon, Trompete, Tenorhorn, Keyboard, Percussion, und er singt, Michael Ruff bedient virtuos die Tasteninstrumente, Peter Enderlein setzt an Schlagzeug und Percussion Akzente, Reinhold Hoffmann ist auf Keyboard, Tenorhorn und Saxofon ein Gewinn, und Wolfgang Gleixner singt nicht nur, zeigt auch auf Bass, Tuba, Gitarre und Percussion, was er kann. Doch das ist noch gar nichts gegen den musikalischen Kopf von Haindling: Hans-Jürgen Buchner ist Sänger, Komponist und Multiinstrumentalist - und er sprüht vor Ideen. Nächtelang tüftelt er mit unverkennbarer Leidenschaft in seinem Studio, immer auf der Suche nach Neuem und Überraschendem.

Seine ganze musikalische Vielseitigkeit hat er auch auf der Esslinger Burg bewiesen, wo Haindling bereits zum dritten Mal zu Gast war und wo die Band offenbar zahlreiche besonders treue Fans hat, die vor allem seine älteren Songs perfekt beherrschen. Ob „Paula“, „Rote Haar“, „Ganz weit weg“ oder „Schwarzer Mann“ - für viele sind diese Titel auch ein Stück eigener Lebensgeschichte. Kritiker haben oft und gern vesucht, Haindling in irgendein Schublädchen zu stecken, doch Hans-Jürgen Buchner ist ein Unikum in der Musikszene: Neue Volksmusik und Jazz, Pop und Rock, Reggae, Rap und viele andere musikalische Einflüsse aus der ganzen Welt durchziehen das Repertoire seiner Band, bei der man vor Überraschungen nie sicher ist. Nur auf zweierlei kann man sich blind verlassen: Dass jeder Song mit höchster musikalischer Virtuosität arrangiert ist. Und dass Buchner und seine Mannen getragen sind von der Überzeugung, dass unsere Welt ein bisschen besser sein könnte, als sie es heute ist - und dass jeder an seinem Platz dafür eintreten sollte, dass nicht länger Egoismus, Gewinnstreben und Borniertheit im Vordergrund stehen, sondern Menschlichkeit, Vernunft und Solidarität. Und zwar in unser aller Interesse. Diese Botschaft zieht sich wie ein roter Faden durch die 35-jährige Geschichte dieser außergewöhnlichen Band, die stets eine sehr persönliche Beziehung zu ihren Fans gepflegt hat.

Kritisch, engagiert und voller Gefühl

Es lohnt sich, sich nicht nur dem musikalischen Zauber von Buchners Kompositionen hinzugeben, sondern auch bei den Texten genau hinzuhören. Denn der Maestro ist einer, der die Welt mit wachen Augen, gesundem Menschenverstand und vor allem mit Herz betrachtet. Blitzgescheit kommentiert er unsere Zeit und das, was ihm heutzutage gegen den Strich geht - egal, ob es die Plastikmüll-Flut auf den Weltmeeren ist, die Gier nach Geld, die alles in den Hintergrund drängt, oder das Streben nach neuen Planeten, obwohl die Menschheit immer größere Probleme hat, auch nur den eigenen in Ordnung zu halten. Da muss er sich gelegentlich schon mal fragen: „Spinn i?“. Und wenn es gar zu dicke kommt, hat er immer noch einen seiner bekanntesten Songs in der Hinterhand: „Du Depp, du Depp, du Depp, du depperta Depp du.“

Hans-Jürgen Buchner nimmt kein Blatt vor den Mund. Wie man das von ihm gewohnt ist, nennt er die Dinge beim Namen und gibt, wenn es denn sein muss, auch in seinen Moderationen durchaus auch mal Zunder - etwa wenn er die Politik der „Abgeschobenen aus ganz Europa“ kritisiert, die nun im Brüsseler Parlament über die Zukunft Europas bestimmen. Und er macht seinen Zuhörern Mut, nicht alles einfach hinzunehmen, sondern auch mal klar die Meinung zu sagen, wenn die Dinge aus dem Ruder laufen - am besten gemeinsam. „Leit, hoits zam“, gibt er dem Publikum mit auf den Heimweg - und viele nehmen das als Ansporn, schließlich brauchen auch die Ermutiger manchmal selbst ein bisschen Ermutigung. Nicht minder wichtig sind Haindling jedoch die allzumenschlichen Seiten des Lebens. Da zeigt sich Hans-Jürgen Buchners Hang zu jener sanften Melancholie, die viele seiner Titel prägt. Vor allem gegen Ende des Konzerts, als die Nacht über der Burg heraufzieht und die malerische Kulisse noch ein bisschen stimmungsvoller wirkt, kommt die Zeit der großen Gefühle. Ein Appetithäppchen aus Buchners Soundtrack für Joseph Vilsmaiers neuen Film „Sagenhaftes Bayern“, ein paar Piano-Takte aus dem neuen Album, an dem Buchner gerade arbeitet, und natürlich der erfolgreichste Song der Band „Lang scho nimmer g’sehn“ - beglückender kann ein Haindling-Konzert nicht enden.