Manu Katché trommelt mit geschmeidiger Kraft. Foto: Frank Eppler Quelle: Unbekannt

Von Thomas Staiber

Stuttgart - Die Jazzopen-Besucher, die gekommen waren, um den Schlagzeuger Manu Katché zu erleben, runzelten die Stirn, als sie erfuhren, dass der nicht - wie angekündigt - mit seinem Quintett, sondern in Trio-Besetzung auftreten werde. Doch als das Konzert begann, wurden aus den Runzeln schnell Lachfalten. Das Publikum erlebte Außergewöhnliches. Manu Katché präsentierte in Stuttgart sein brandneues Projekt, das erst 2018 abgeschlossen sein wird und den Arbeitstitel „The Scope“ (Betätigungsfeld) trägt. Erst fünf Nummern des neuen Albums wurden im Studio eingespielt, andere Kompositionen wie „Overlooking“ oder „Tricky“ werden nun live geprobt.

Die Besucher schauen also mitten hinein in eine künstlerische Werkstatt. Nicht ein fertiges Produkt wird da vorgeführt; man erlebt vielmehr, wie aus rohen Skizzen musikalische Werke werden. Man wird Zeuge der allmählichen Verfertigung der Gedanken beim Spielen. Das geschieht lustvoll und mit großer Aufmerksamkeit. Manu Katché ist Kraftwerk und Steuermann, Taktgeber und Bandleader. Nach größeren Formationen bevorzugt er die dynamische Geometrie des Trios.

Kraftvoll wie ein großes Mühlrad läuft der Rhythmus, mit diesem wundervoll satt groovenden Schlagzeug-Sound, dem Markenzeichen des 58-jährigen Franko-Ivorers. Auf den standen schon Weltstars wie Joni Mitchell, Peter Gabriel, Sting oder die Dire Straits, aber auch Jazzer wie Michel Petrucciani, Marcin Wasilewski und Jan Garbarek baten Manu Katché ins Studio und auf die Bühne.

Vom Drum-Computer erzeugte Geräusche zischen und flirren herum, verwandeln sich in ostinat wiederholte Melodiefetzen. Sie umhüllen die Trio-Musik, geben ihr Raum und Atmosphäre. Ein kraftvoller Groove schält sich heraus, den E-Bassist Jérôme Regard stoisch mit warmen Tönen grundiert. Ein junger Mann namens Jim Grandcamp spielt herausragend E-Gitarre. Einmal klingt er von ferne wie Santana, dann jazzy und funky wie ein John Scofield, ein anderes Mal glockenklar, mit Power Boost und Hall wie David Gilmour von Pink Floyd. Manu Katché ist kein Jazzer, er ist Rock-Schlagzeuger. Würde man seine Schläge auf die Tomtoms und Crash-Becken in Zeitlupe aufnehmen, sähe man nur runde, kräftige Bewegungen. Es ist eine Kraft, die sich geschmeidig und elastisch entfaltet. Das tickt wie ein Uhrwerk, donnert wie ein Güterwagen und dröhnt wie der Maschinenraum eines Schiffes. Damit trifft Manu Katché punktgenau ins Wohlfühlzentrum des begeisterten Publikums, das sich am Schluss zu fröhlichem Chorgesang animieren lässt.