Einer der weltweit besten Elvis-Interpreten: Nils Strassburg. Foto: A. Pelz Quelle: Unbekannt

Von Thomas Krazeisen

Stuttgart - Es gab in Stuttgart und Umgebung zwar, wieder einmal, keine weiße Weihnacht. Aber „blue Christmas“, wie einer der berühmten Elvis-Weihnachtssongs heißt, die an diesem Abend erklangen, war es definitiv auch nicht. Zumindest nicht für all jene Freunde des Rock’n’Roll, die sich am Mittwochabend - zum Teil stilbewusst im 50er-Rockabilly-Look - in die Stuttgarter Liederhalle aufgemacht hatten. Dort gab der schwäbische Elvis Nils Strassburg seine Premiere im Beethovensaal.

Für den Sänger war dieses Stuttgarter Heimspiel ein ganz besonderes Event. So etwas wie der deutsche Madison Square Garden, wie Strassburg augenzwinkernd behauptete, ist die Liederhalle natürlich nicht. Aber Stuttgarts ehrwürdiges Kultur- und Kongresszentrum, erbaut in jenen Jahren, als der leibhaftige Elvis in den USA seine ersten Welthits landete, bot der ersten Audienz seiner schwäbischen Cover-Wiederauferstehung schon deshalb die passende Bühne, weil Strassburg diesmal nicht nur mit seiner Stammband, den Roll Agents, am Start war, sondern obendrein ein klassisches Streichorchester und einen Gospelchor an seiner Seite hatte. Letzterer zündete mit einem weihnachtlichen Worship-Traditional gleich zu Beginn ein besinnliches vokales Lichtlein an, und auch der Leonberger „King“ erwies in der ersten Konzerthälfte dem König der Welt seine Reverenz und legte mit „Working on the building“ und „How great Thou art“ gefühlvoll intonierte Gospel-Highlights seines großen Vorbilds auf den Gabentisch.

Als Gastsängerin hatte sich Nils Strassburg für diese Show Fola Dada eingeladen. Die Stuttgarter Jazz- und Popsängerin verfügt über eine äußerst facettenreiche Stimme, was sie beim beschwingten Winter-Klassiker „Let it snow“ ebenso unter Beweis stellte wie beim rockigen „Proud Mary“ und im erotisch knisternden „Fever“-Duett mit Nils Strassburg.

Fabelhafte Fola

Die Duette mit dem zweiten Gast des Abends, dem schwäbischen Kabarettisten und Elvis-Versteher Bernd Kohlhepp alias Herr Hämmerle, überzeugten hingegen nur bedingt. War das erzschwäbisch-denglische Dada-Battling, bei dem sich der Comedian im giftgrünen Anzug bei der Begrüßung von Fola um Kopf und Kragen redete, noch lustig anzuschauen, missriet die „Are you lonesome tonight“-Handpuppen-Persiflage ausgerechnet bei den romantischsten Konzertmomenten eines großen Elvis-Abends zu einem Muppet-Mumpitz. Dass der Kabarettist ein unpassendes Parodie-Hämmerle schwang, quittierten einige Besucher kurz nach der weihnachtlichen Friedenspflicht mit unüberhörbaren Unmutsbekundungen, die Kohlhepp allerdings schlagfertig parierte.

Wo derzeit der Hammer bei den Elvis-Tribute-Künstlern hängt, zeigte Strassburg, von Time Warner zum besten deutschen Elvis-Interpreten gekürt, vor allem in seinem mitreißenden, von seinen Musikern und Streichern exzellent orchestrierten Las-Vegas- und Rock’n’Roll-Block nach der Pause, als der „King“ aus Leonberg die Landeshauptstadt schelmisch blinzelnd zur Sin-City am Neckar ausrief, um anschließend ein Hit-Feuerwerk zu zünden und dabei die obligatorischen angeschwitzten Seidenschals an der Rampe oder bei seinen Exkursionen ins Parkett unters schmachtende weibliche Fan-Volk zu bringen.

Die Kunst der viril vibrierenden Ekstase beherrscht das schwäbische Elvis-Double mit der markanten Bassbaritonstimme ebenso mühelos wie den Spagat in wechselnden Jumpsuits zwischen rhythmisch durchglühten Songs („Burning Love“) und lyrischen Schmachtnummern („Love me tender“). Und auch den Elvis-Nuschel-O-Ton beherrscht Strassburg aus dem Effeff. Nein, einen Gastklamauker vermisst man bei diesem hoch präsenten, witzigen und charmanten Elvis-Entertainer nun wirklich nicht.

Nachdem er sich beim fulminant interpretierten Superhit „Suspicious Minds“ noch einmal kingsmäßig verausgabt und den Saal zum Kochen gebracht hatte, setzte der Sänger mit einer nicht minder beeindruckenden Version von „My way“ gleich hinterher ein weiteres authentisches Statement: Nils Strassburg geht konsequent seinen Weg und rockt das übermächtige Elvis-Hit-Imperium auf seine eigene, unverwechselbar sympathische und lockere Weise. Da wäre es eigentlich nur folgerichtig, dieses generationsübergreifende Showformat fortan fest in den weihnachtlichen Konzertkalender der Liederhalle aufzunehmen.