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Mit seiner verquasten Art, seinem Wortspielfaible und der poetischen Ader gewinnt der 46-Jährige sein Publikum in Sekunden.

StuttgartImmer mehr Stuttgarter treten in die Pedale. Gut fürs Klima, schlecht für die Statistik: Die Zahl der Fahrradunfälle hat einen neuen Höchststand erreicht. „Wie gefährlich Fahrradfahren ist, weiß ich aus eigener Erfahrung“, erzählt Johann König bei seinem Auftritt im ausverkauften T1-Saal des Theaterhauses: „Ich hab erst neulich in der Innenstadt einen Fahrradkurier abgedrängt.“ Am Mittwoch hat der Komiker mit der brüchigen Stimme sein neues Programm „Jubel, Trubel, Heiserkeit“ präsentiert. An der Gesundheit der Stuttgarter ist er durchaus interessiert: „Wie geht es Stuttgart? Und wie geht es Deutschland? Das sind die beiden Fragen, die ich mir täglich stelle.“ Das Mittel gegen die Heiserkeit ist eine Teetasse, an der König gelegentlich nippt. Darinnen befindet sich – laut Künstler – ein zum Smoothie pürierter Döner.

Sein sattgrünes Hemd und die nicht ganz so sattgrünen Schuhe passen nicht nur zur Landesregierung, sondern auch zur Show. Neben klassischen Comedy-Sujets, also Frauen, Kinder, Haustiere, beschäftigt er sich darin auch mit Ökologie. Es existiere auf dieser Welt nun mal ein Kreislauf: Wenn es irgendwo nach oben geht, geht es woanders nach unten. Beispiel: „Wenn der Kerosinverbrauch zunimmt, sinkt die Antarktis.“ Und der Meeresspiegel wiederum steigt. Königs Fazit: „Wir haben am Ende mehr Platz zum Segeln, aber auch viele schlecht integrierte Holländer, die hier herumlungern.“

Geistreicher Nonsens

Politischen Urteilen hingegen verweigert er sich. Lieber spitzt er die geschilderten Situationen ins Absurde zu. Mit seiner verquasten Art, seinem Wortspielfaible und der poetischen Ader gewinnt der 46-Jährige sein Publikum auch nach mehr als zwanzig Bühnenjahren noch immer in Sekunden. Mal fläzt er auf einem Barhocker und spricht gravitätisch: „Die seelische Muskulatur der Kinder wird heutzutage immer weniger beansprucht – geiler Satz, ne?“ Dann gibt es plötzlich eine unerwartete Tanzeinlage samt Hula-Hoop-Reifen zu wummerndem Bass. Ehe er an seinem Schreibtisch kauernd kalauert: „Wieso verirrt sich der Henker auf dem Rückweg? Er kennt nur die Hinrichtung.“

Seine Aphorismen und Sophistereien, gerne völlig scheinentnervt und mit einer Hand im Gesicht zum Vortrage gebracht, unterscheiden ihn von anderen erfolgreichen Comedians in diesem Land. Wo jene hektisch herumtigern und lärmen, bleibt er geradezu phlegmatisch. Lautstärke oder Unflätigkeit setzt Johann König lediglich punktuell ein. Als komischen Nadelstich – nicht als Maxime. Sicher, er arbeitet sich gleichwohl an massentauglichen Themen ab. So gehe seine Frau beispielsweise zur Paartherapie, während er unterwegs ist: „Das Geheimnis einer langen Ehe besteht ja darin, dass man sich nicht trennt.“ Sprachlich ist er mit seinem geistreichen Nonsens den Kollegen vergleichbarer Größenordnung jedoch weit überlegen.

So verzeiht ihm sein Publikum selbstredend auch seine gänzlich eigenwillige Gestaltung des Programms: „Ja, die zweite Hälfte ist etwas kürzer als die erste. Dafür war die erste aber länger als die zweite.“ Und nach der doppelten Zugabe dürfte er schließlich auch noch alle vollkommen besänftigt haben, die nach der Pause noch mit folgenden Worten komplimentiert wurden: „Schön, dass Sie geblieben sind. Ich hab’s mir auch kurz überlegt.“