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Der frühere Chef des Stuttgarter Alten Schauspielhauses kehrt an seine alte Wirkungsstätte zurück und inszeniert dort Shakespeares „Wie es euch gefällt“. Am Freitag ist Premiere. Kurz vor der morgendlichen Probe sagt Carl Philip von Malgehem, wie er Stuttgart erlebt, was er an der „Tatort“-Schauspielerin Cornelia Gröschel schätzt und warum er nicht in Köln Theaterdirektor geworden ist.

StuttgartMan darf sich Carl Philip von Maldeghem (49) als glücklichen Mann vorstellen. Für vieles, das er macht, und zwar gerne, wie er versichert, musste er nicht einmal bitten. Zum dritten Mal seinen Vertrag als Chef der Bühne in Salzburg zu verlängern, zum Beispiel. Oder: ein Stück zu inszenieren, das auf seiner Regie-Wunschliste steht, Shakespeares „Wie es euch gefällt“. Und dann war da noch das Angebot, Intendant des Schauspiels Köln zu werden. Das aber nahm er nach hässlichen Querelen doch nicht an.

Jetzt sitzt Carl Philip von Maldeghem im Foyer des Alten Schauspielhauses in Stuttgart, nachdem er für den Fotografen schon auf die Bühne gesprungen ist und zwischen von der Decke hängenden Stäben posiert hat. Die stellen eine abstrakte Version des Waldes dar, in dem die Komödie „Wie es euch gefällt“ spielt. Es ist noch früh am Morgen, von Maldeghem spricht lächelnd und freundlich wie eh und je, der Künstler und Jurist ist ein disziplinierter Mensch. In den Jahren 2002 bis 2009 leitete er in Stuttgart das Alte Schauspielhaus und die Komödie im Marquardt mit großem Erfolg. Seit 2009 ist er Chef des Dreispartenhauses Salzburger Landestheater.

Auf der Wunschliste

„Axel Preuß rief mich an, als er zum Intendanten an den beiden Stuttgarter Häusern gewählt wurde, und wollte wissen, wie ich sie geleitet habe. Er kannte auch meine Arbeit als Regisseur. Und eines Tages kam der Anruf, ob ich in seiner Eröffnungsspielzeit bei ihm als Gastregisseur arbeiten will. Ich habe zwar im Hauptberuf ein Haus zu leiten mit 25 Premieren pro Saison, aber um die Osterzeit herum schien es machbar.“ Die Aussicht, ein Stück zu inszenieren, das schon lange auf seiner „ewigen Wunschliste“ als Regisseur stand, machte die Entscheidung noch leichter, für eine Gastarbeit nach Stuttgart zurückzukehren.

„Eine Gesellschaft macht sich auf, fernab der Zivilisation im angeblich wilden Wald eine bessere Welt zu finden“, sagt von Maldeghem über Shakespeares Text. Die Suche nach einem auch ökologisch verträglicheren Leben treibt gerade heute die Menschen um. Also muss man nach der Aktualtität des Stückes nicht eigens fragen. „Es ist aber auch ein Stück über das Theater“, sagt der Regisseur, „der Satz ,Die ganze Welt ist Bühne’ stammt aus dieser Komödie.“

Und wie ist es, nach zehn Jahren wieder in Stuttgart zu sein? „Wie eine Zeitreise“, sagt von Maldeghem. Die Stadt empfinde er als moderner, diskussionsfreudiger, was auch die Frage betrifft, wie wir leben wollen. Und im Theater habe er einige Déjà-vu-Erlebnisse: „Es herrscht ein großes Miteinander. Vier Fünftel der Mitarbeiter sind immer noch am Haus, und ich spüre große Kooperationsbereitschaft. Die künstlerische Arbeit mit dem Ensemble ist vertrauensvoll, konzentriert.“

Über seine Nachfolger soll man nicht sprechen, außer man hat Gutes zu sagen. Und das hat von Maldeghem. „Axel Preuß hat einen schwungvollen Anfang gemacht, die zwei Häuser unterschiedlich positioniert, mit großen Themen im Alten Schauspielhaus und mit intelligenten Komödien in der Komödie im Marquardt“. Dass Preuß seinem Vorvorgänger auch darin folgt, prominente und aus dem Fernsehen bekannte Darsteller zu verpflichten, erwähnt er der Bescheidenheit halber nicht. Er freut sich einfach darüber, dass er für die Rolle der Rosalind den Namen Cornelia Gröschel auf der Vorschlagsliste für die Besetzung der Rosalind fand. Sie verkörpert bald eine „Tatort“-Kommissarin, hat aber lange Jahre Theater gespielt, auch in Karlsruhe, Preuß’ früherer Wirkungsstätte. Von Maldeghem wirkt angetan: „Eine wunderbare Rosalind. Sie ist fantasievoll und bodenständig“. Bodenständig – was für ein eigenartiges Lob für eine Künstlerin. Von Maldeghem lacht. „Naja, im Sinne von konzentriert und uneitel. Sie hat keinerlei Starallüren, ist sehr ehrgeizig, gerade auch, wenn sie mit einer Szene noch nicht zufrieden ist.“

Verstellungsspiele anderer Art

Auf allerlei Verwirrung und Verstellungsspiele darf sich das Publikum freuen. Verstellungspiele anderer Art – Stichwort: Die Welt ist Bühne – erlebte von Maldeghem kürzlich auf der kulturpolitischen Szene. Er verliert sein Lächeln auch dann nicht, wenn er von den Querelen um seine Berufung als Schauspielchef in Köln berichtet. „Ich habe mich um den Posten ja nie beworben“, sagt er. Er war von der parteilosen Oberbürgermeisterin Henriette Reker und der Kölner Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach gefragt worden, ob er sich vorstellen könnte, das Haus zu übernehmen. Und ja, warum nicht. „Neben acht anderen Bewerbern wurde ich ausgewählt. Der Posten wurde an mich herangetragen mit dem Wunsch nach einem Paradigmenwechsel. Ich sollte das Theater auch für einen größeren Bevölkerungsanteil attraktiv gestalten“, sagt von Maldeghem.

Aktuell hat das in Interimsspielstätten agierende Kölner Theater rund 100 000 Zuschauer pro Jahr, weniger als andere vergleichbar große Häuser. „Offenbar hat die Politik versäumt, das so zu kommunizieren.“ In den Medien entbrannte eine heftige Diskussion, ob von Maldeghems künstlerische Reputation ausreiche für das Kölner Haus. Er zog daraufhin seine Zusage zurück. „Mir sind gegenseitiges Vertrauen und positive Arbeitsbedingungen wichtig“, sagt er. „Ich hatte nicht den Eindruck, dass ich diese in Köln vorfinden würde. Ich erlebte eine von Misstrauen geprägte, negativ aufgestaute Atmosphäre. Das Leben ist zu kurz, um sich über mehrere Jahre in ungute Arbeitsverhältnisse zu begeben.“

Zudem habe er an dem Tag, als er über seine Entscheidung nachdachte, derart ermunternde Zeichen erhalten, in Salzburg zu bleiben, dass er Köln einen Korb gab. „Der Landeshauptmann, der Kulturminister des Landes und der Bürgermeister fragten, wie sie mich halten könnten.“ Schön, sich so gewünscht zu fühlen, schön auch, fürs Bleiben für internationale Projekte nun „wahrscheinlich eine Sonderförderung zu bekommen“, wie er zufrieden lächelnd betont.

Mit Begeisterung in der Stimme spricht von Maldeghem auch von einem für den Sommer geplanten mehrstündigen ambitionierten Projekt. Thema: „Mysterien“. „Schon vor zwei Jahren wurde ein derartiges Großprojekt, das über das Normalmaß hinausgeht, sehr gut angenommen. Es ist wichtig, Herz und Hirn zu erreichen.“ Spricht’s, blickt auf die Uhr. Punkt halb elf, die Probe beginnt. Künstler lässt man nicht warten.

Die Premiere der Komödie „Wie es euch gefällt“ von William Shakespeare im Stuttgarter Alten Schauspielhaus beginnt am Freitag, 26. April, um 20 Uhr.