Rhythmusbetonte Musik, die wie Balsam in die Gehörgänge fließt: „Die Taktlosen“ begeistern. Foto: Kellmayer Quelle: Unbekannt

Von Rainer Kellmayer

Es müssen nicht zwingend Messen von Wolfgang Amadeus Mozart oder Anton Bruckner sein - auch zeitaktuelle Vertonungen des Ordinariums haben durchaus ihren Reiz. Der in der Schweiz lebende deutsche Komponist Martin Völlinger wählte für seine „Latin Jazz Mass“ im Evangelischen Gemeindehaus am Blarerplatz am Wochenende einen individuellen Weg, kombinierte unterschiedlichste Tanzrhythmen, mischte dem Chor Solopassagen und improvisatorische Elemente bei, und gab dem Ganzen durch eine peppige Instrumentalbegleitung eine unterhaltende Note. Dabei blieb er seinem Credo treu, stilistische Grenzen zu überwinden und Klänge von der Klassik über den Jazz bis hin zur Weltmusik zu verschmelzen. Heraus kam eine rhythmusbetonte Musik, die wie Balsam in die Gehörgänge floss und die Zuhörer im Evangelischen Gemeindehaus am Blarerplatz begeisterte.

Mit der „Latin Jazz Mass“ bewegten sich „Die Taktlosen“ - ein Chor des Gesangvereins Konkordia Zell - somit auf sicherem Terrain, ohne Gefahr zu laufen, das Publikum mit allzu exotischen Klänge zu verprellen. Dabei verließen sie sich nicht auf die exzellente Akustik des Festsaals, sondern polierten den Klang durch eine aufwendige elektronische Verstärkung auf. Neben dieser Soundveredlung trug auch die ausgefeilte, sehr farbenfrohe Lichtregie zum beeindruckenden Gesamtergebnis bei. Und natürlich die beachtliche Leistung der Sängerinnen und Sänger, die von Chorleiterin Dorota Welz sorgfältig vorbereitet worden war.

In Tiefe und Mittellage klangen die Chorgruppen rund und voll. Kritisch wurde es beim Aufsteigen in die Höhenlagen: Hier erreichte die klangliche Geschmeidigkeit nicht immer Optimalwerte. Ungeachtet dessen überzeugte die Gesamtleistung der Choristen jedoch ebenso wie die zahlreichen Soloeinlagen. Völlinger beschränkte sich nicht auf die Vertonung des Ordinariums der Messe, er fügte zusätzlich freie Teile ein, von denen insbesondere das a cappella gesungene Ave Maria aufhorchen ließ. Hier beteten die Männer mehr murmelnd als rezitierend das bekannte „Gegrüßet seist du Maria“, überlappt vom strahlenden Gesang der Frauenstimmen mit einem hellen „Ave Maria“. Das Gebet mündete in eine rhythmisch pointierte Passage, und beim anschließenden „I looked up“ ging die Post so richtig ab.

Die professionelle Combo spielte, wie schon zuvor, ihre ganze Routine aus, begeisterte mit fetzigem Drive und gekonnten Soli. Neben Michael Stauss (Klavier), Hans-Joachim Weiß (Bass) und Joe Kukula (Schlagzeug) überzeugte insbesondere Jürgen Häussler, der mit Sopran- und Tenorsaxofon ein ums andere Mal brillante Leuchtspuren legte. Immer wieder setzte sich auch der Chor in Szene: vielstimmig, vielschichtig, vielsagend. Und als der schwungvolle, optimistische Schlusssong „Singt das Lied der Freude über Gott“ verklungen war, gab es kein Halten mehr: Die Begeisterung des Publikums brach sich Bahn, der Applaus wurde mit Zugaben belohnt.