Von Rainer Kellmayer

Stuttgart - Mit Mozart und Wagner startete das Stuttgarter Staatsorchester in die Jubiläums-Konzertsaison zum 425-jährigen Bestehen des Klangkörpers. Am Pult stand mit Hartmut Haenchen ein ausgesprochener Wagner-Spezialist, der in seiner 1999 erstmals aufgeführten „Götterdämmerung“-Suite den letzten Teil der Ring-Tetralogie rein instrumental bearbeitet hat. Das durch unzählige Wagner-Opernaufführungen geschulte Staatsorchester fand denn auch in diesem Arrangement die richtige Balance zwischen dröhnender romantischer Emphase und durchsichtigem Stimmgeflecht. Allein schon die optische Wirkung beeindruckte: Der gewaltige Klangapparat sprengte beinahe die Bühne des Beethovensaals der Stuttgarter Liederhalle.

Die Teile „Nacht, Morgendämmerung und Siegfrieds Rheinfahrt“ standen im Spannungsfeld zwischen feinem Klanggewebe und gewaltigen Eruptionen. Der Siegfried- Ruf des Solohornisten Claudius Müller schallte von Ferne, und ein gewaltig tönender Kosmos baute sich auf, ehe der Satz mit hartem Knall endete. Aus den feinen Streicher-Flageoletts und zarten Harfenakkorden in „Siegfrieds Tod“ entwickelten sich spannungsgeladene Flächen, die sich zu einem gewaltigen Getöse verdichteten. Hier wie auch im finalen „Der Götter Ende“ setzte Hartmut Haenchen die Dramatik des Geschehens mit engagierter Zeichengebung um, motivierte das zu großer Form auflaufende Staatsorchester zu glutvollem Spiel und ließ nach mannigfachen Aufschwüngen einen friedvollen Abgesang folgen.

Klare Kante, frische Tempi

Bei der zuvor gespielten Sinfonie C-Dur Wolfgang Amadeus Mozarts, der sogenannten Jupiter-Sinfonie, wurde schnell klar, dass Haenchen keinen glattgebügelten, verzärtelten Klassiker vorstellen wollte. Er setzte auf klare Kante, hämmerte die Gegensätze heraus und nahm frische Tempi. Im von herrlicher Melodik bestimmten Andante wandelte sich das Bild, und das Menuett bestach durch tänzerischen Gestus. Das abschließende Allegro molto knüpfte an den Kopfsatz an, war von ungestümem Musizieren mit Ecken und Kanten bestimmt. Ungeachtet einiger Präzisionsverluste brachte das Staatsorchester die Sinfonie nach dynamischen Wechselbädern und grandiosen Steigerungen zu einem fulminanten Ende.

Das Konzert wird heute, 19.30 Uhr, im Beethovensaal der Stuttgarter Liederhalle wiederholt.