Foto: Steve McNicholas - Steve McNicholas

Eine Show, die pflichtbewussten Schwaben gefallen dürfte, gastiert derzeit im Stuttgarter Theaterhaus: „Stomp“ verbindet Tanz, Percussion und mit der Kehrwoche.

StuttgartDo staubt’s abr“, lautet die erste spitze Bemerkung aus dem Publikum: „Stomp“ beginnt mit einem Kehrwochentanz und zaubert damit sofort ein Lächeln in jede schwäbische Seele. Das Besen-Ballett der Müllkehrer ist eine Signatur-Nummer der britischen Rhythmus-Show, die zum wiederholten Male in Stuttgart gastiert und bei der Premiere im Theaterhaus von ihrem treuen Publikum mit Ovationen gefeiert wurde.

Zum Besen-Ballett begrüßen sich die acht Müllkehrer mit einem Grunzen und schlagen ihr Werkzeug auf den Boden, dass die Borsten nur so spritzen. Sand auf dem Boden ergibt feine Schleifgeräusche unter den Schuhen, danach kommt folgerichtig ein heiteres Kutterschaufel-und-Treteimer-Klingklong, eine Nummer ergibt sich aus der anderen. Die „Stomp“-Werker sind dabei Trommler, Akrobaten und Tänzer in Personalunion: der junge Wilde und die zwei taffen Mädchen, der Punker von vorgestern und der rundliche Müllmann in der Latzhose, der schmucke, aber latent gefährliche Anführertyp oder der verkniffene Kahlkopf, der wie ein Hausmeister aussieht.

Wenn es einen Unterschied zu früher gibt, dann liegt er in der Besetzung, in den noch schrägeren Charakteren, den noch krasseren Figuren, die hier auf allem geordneten Lärm machen, was sich so auf dem Müllplatz oder im Baumarkt finden lässt: Eimer und Wannen, Kanister, Töpfe, Spülbecken, Plastikrohre, Gummischläuche oder Einkaufswagen. Mit ihren Tattoo-bedeckten Armen und Hosen, die im Knie hängen, mit Springerstiefeln, verratzten Shirts und einer kontemplativen Coolness als grundsätzlicher Lebenshaltung kommen uns die Mülltrommler knapp 30 Jahre nach der Uraufführung der Show inzwischen noch mehr als Mahner daher: gegen die Wegwerfmentalität und für Kreativität.

Einmal sitzen sie zu dritt, wühlen in einem großen Müllsack und machen eine kleine Symphonie aus dem, was sie finden: Auf Streichholzschachteln lässt sich virtuos schnippen, Einwegbecher jaulen unter ihren Plastikdeckeln im Takt, selbst Plastiktüten geben bei entsprechender Raffinesse einen feinen Duffda-Duffda-Rhythmus von sich. Haben wir so nicht als Kinder gespielt, denken wir Älteren verklärt, nur mit Fantasie und dem, was rumlag?.

Die „Stomp“-Virtuosen machen aus Holzstäben verschiedener Länge ein Glockenspiel, tupfen mit langen und kurzen Plastikschläuche eine Serenade aus zarten Pizzicati hin, sie verwandeln ihr ruhiges Mittagspäuschen in ein zeitungsraschelndes Kabinettstück und schalten im Finale, natürlich, auf markerschütternde Maximal-Lautstärke. Da donnern sie mit Klöppeln auf große blaue Plastikfässer und Blechtonnen, da wirbeln sie wie Superhelden mit ihrem berühmten Mülleimerdeckeln an den Händen über die Bühne – die Idee ist seitdem ins choreografische Welterbe eingegangen, sehr oft sieht man sie beim Müllkutscher Alfred Doolittle im Musical „My Fair Lady“.

Damit wir Zuschauer nicht nur dasitzen und uns freuen, gibt es immer wieder Mitklatsch-Aufgaben, an deren Synkopen und ironisch platzierten Pausen der ausverkaufte Theaterhaus-Saal bis zum Ende tatsächlich wächst. Die Gleichzeitigkeit von ausgelassener Bewegung und subtiler Koordination, die kindliche Lust am Draufschlagen und Lärmmachen, die Fantasie im Umgang mit Rohmaterialien, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt sind, machen den großen Spaß dieser Show aus.

Von Dienstag bis Sonntag im Theaterhaus, Samstag und Sonntag auch nachmittags.

www.theaterhaus.com