Beim Fremdgehen gibt’s für den Senator was auf den Popo: Eva Geiler und Marcus Ganser auf rasantem Sprint durch diese und etliche weitere Rollen. Foto: Martin Sigmund - Martin Sigmund

In rekordverdächtigem Tempo wechseln Eva Geiler und Marcus Ganser durch verschiedene Rollen. Die Farce ums Fremdgehen wird zur sportlichen Höchstleistung.

StuttgartEs ist keine „Tour der France“ sondern eine „Tour de Farce“, so der Untertitel des jüngsten Stücks an der Stuttgarter Komödie im Marquardt. In der Hochgeschwindigkeits-Inszenierung des Schwanks „Ehe währt für immer“ fühlt man sich stark an das legendäre Radrennen erinnert, so irrsinnig ist das Tempo, das die beiden Schauspieler vorlegen. Die frühere Esslinger Landesbühnenschauspielerin Eva Geiler und Marcus Ganser liefern in dem ehelichen Horrortrip eine beachtliche sportliche Leistung ab. Die beiden verwandeln sich blitzartig in zehn völlig verschiedene Figuren. Und genau dieser rasante Rollentausch macht den Reiz der temporeichen Komödie aus, die der Feder des amerikanischen Autorengespanns Philip LaZebnik und Kingsley Day entstammt. Udo Schürmer hat die an sich banale Tür-auf-Tür-zu-Komödie als Theatersprint inszeniert. Tom Grasshof sorgt mit einem gewollt geschmacklosen Hotelzimmer für die passende Arena zur Austragung des humorvollen Rosenkriegs.

In diesem Ambiente samt Hirschgeweih und Kunstdruck an den Wänden logieren Autor Herbert Gladney und seine Frau Rebecca. Sie sind auf Werbetour durch die USA für sein neues Buch mit dem bezeichnenden Titel „Ehe währt für immer“. Zehn Jahre hat er für den Beziehungs-Ratgeber recherchiert. Die eigene Partnerschaft blieb dabei auf der Strecke, weshalb seine erboste Frau findet, dass das Buch in die Horrorabteilung gehört.

Was die beiden zusammenhält, sind die zu erwartenden Tantiemen und der geplante Auftritt in der Fernsehshow von Pam Blair, der das Buch zum Bestseller machen soll. So lange muss der Schein einer harmonischen Verbindung in der Öffentlichkeit gewahrt werden. Lautstarke Wortgefechte führen unterdessen das Kapitel „Kommunikation ist der Schlüssel für jede gute Ehe“ ad absurdum. Dabei hat die giftende Rebecca eindeutig die Nase vorn. Will Herbert Liebe machen, sagt sie: „Mach doch. Ich gehe so lange duschen.“

Zwischen Wandschrank, Verbindungstür zum Nachbarzimmer, Bad und Hotelflur legen Eva Geiler und Marcus Ganser rekordverdächtige Sprints hin. Sie wechseln Räume und Kostüme, verändern Ausdruck und Stimme, um die Zehn-Personen-Geschichte zu transportieren. Diese ist auch ein Zeugnis der amerikanischen Doppelmoral. Denn im Nebenzimmer trifft sich ein verheirateter Senator mit seiner Marylin-Monroe-blonden Gespielin Gwenda. Damit’s nicht auffliegt, hat er sie gleich daneben einquartiert. Blöd nur, dass dort schon die Gladneys wohnen.

Die Paare begegnen sich in unterschiedlichen Konstellationen. Rebecca erkennt in dem Fremdgänger ihre einstige Liebe. Sensationsreporterin Pam Blair wittert Quote und installiert einen schwedischen Kameramann mit Vorliebe für Ingmar Bergmann im Schrank. Er soll den Filmbeweis liefern, dass Ehen stets in die Brüche gehen. Ein promi-affiner Hotelboy und ein diebisches Zimmermädchen mit Migrationshintergrund tauchen auf. Die musikverliebte Nonne Barbara stiftet Verwirrung und die furienhafte Ehefrau des Senators weiteres Tohuwabohu. Der Kameramann kommt aus dem Schrank, der Autor aus dem Bad. Dieser flüchtet sich zum Senator in Stars-and-Stripes-Unterhosen unters Bett, und Rebecca sucht in eine Decke gehüllt die nächste Tür.

Manchmal hört man nur eine Stimme, die aus dem Hintergrund die Geschichte weitererzählt, während die Schauspieler für die nächste Rolle die Kostüme wechseln. Marcus Ganser verschwindet unterm Bett als Senator, kriecht dann aus der Rückwand hervor. Er wechselt in den Bademantel, schießt als Autor aus dem Bad, verschwindet wieder unter dem Bett, um schlussendlich als betrogene Senatorengattin durchs Zimmer zu wüten.

Wenn Eva Geiler dem Senator als piepsendes Blondchen mit Tigerkleid im Sexspiel den Hintern versohlt, im nächsten Moment als berechnende Aufdeckungsjournalistin im Businesskostüm mit schwarzer Perücke hereinschneit und als Nonne mit Gitarre eine schiefe Hymne auf die Ehe anstimmt, kommen die Zuschauer auf Touren. Gansers atemloser Wechsel vom Kameramann über den Hotelpagen und den Senator – in Boxershorts und Cowboystiefeln mit Handschellen ans Bett gefesselt – zu dessen Gattin nötigt ebensoviel Respekt ab.

Das geht natürlich nicht ohne funktionierendes Backstage-Team. Die sechs Mitarbeiterinnen im Hintergrund leisten ganze Arbeit. Kleine Patzer wie Handschellen, die sich lösen, oder ein Schuh, der hochkant ins Publikum fliegt, haben den Charme des Unvollkommenen und zeigen, dass alles live ist. Wie es sich für eine Boulevardkomödie gehört, gibt es ein Happy End – und viel verdienten Applaus.

Aufführungen bis 5. Mai.