Von Trauerbeflaggung lässt sich kein Gewalttäter abschrecken. Foto: SDMG/Haslinger

Ein Gedenktag zur Prävention von Gewalt gegen Frauen in Ludwigsburg? Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens.

Gedenktage haben durchaus ihre Berechtigung. In erster Linie dann, wenn sie alljährlich bedeutende historische Ereignisse ins Gedächtnis rufen. So wird am 8. Mai mit dem Tag der Befreiung an das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert, am 27. Januar, dem Datum, als Auschwitz befreit wurde, der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus begangen.

Neue Gedenktage, die ohne konkreten Bezug auf ein historisches Ereignis geschaffen werden – und das auch noch auf rein kommunaler Ebene – haben dagegen den negativen Beigeschmack der Beliebigkeit und stehen zudem in einer Reihe mit schrägen Ideen wie dem internationalen Jogginghosentag oder dem Kauf-nix-Tag. Einer von 365 mehr oder weniger fragwürdigen Gedenktagen im Jahr, die die Zahl offizieller Feier- und Gedenktage ergänzen. Kaum bemerkt und schnell vergessen. Und das ist für den jetzt angekündigten Gedenktag, bei dem es um ein ernstes Thema wie die Gewalt gegen Frauen geht, eine denkbar schlechte Gesellschaft.

Bei Gewalt gegen Frauen sollte man laut werden

Eine Schweigeminute macht den neuen Gedenktag in Ludwigsburg nicht besser. Sie ist geradezu absurd, denn bei Gewalt gegen Frauen sollte man – wie übrigens bei jeder Form von Gewalt – nicht schweigen, sondern laut werden und vor allem handeln.

Danach sieht es in Ludwigsburg jedoch nicht aus. Immer noch gibt es trotz des hohen Bedarfs kein zweites Frauenhaus. Und das, obwohl eigentlich ein Gebäude zur Verfügung stünde: Die Wohnungsbau Ludwigsburg hat seit Jahren das ehemalige Kurhotel in Hoheneck frei gehalten. Doch die Umbaukosten von geschätzt knapp vier Millionen Euro sind zu hoch. Brauchbare Alternativen sind bislang aber noch nicht in Sicht.

Dabei könnte man mit einem zweiten Frauenhaus wirklich eine Kernaufgabe der Istanbul-Konvention erfüllen: den Opferschutz. Der Verein Frauen für Frauen leistet in Ludwigsburg für Frauen aus dem gesamten Landkreis und darüber hinaus wertvolle Beratungs- und Unterstützungsarbeit. Der Gedenktag ist hingegen nicht viel mehr als ein Feigenblatt und eine Form von Symbolpolitik, die den Blick allzu leicht von den wirklichen Bedürfnissen ablenkt. Es braucht nicht noch mehr Bekenntnisrituale in Form von Gedenktagen, es braucht konkrete Hilfe und konkrete Präventionsmaßnahmen. Ein Gedenktag taugt dazu nicht.