Tausende Gefangene mussten in Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) während des Zweiten Weltkriegs arbeiten. Das soll nun endlich eine Stele am Rathaus zeigen. Warum dies erst so viele Jahrzehnte nach Kriegsende geschieht.
Das Kapitel der Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg beim Kornwestheimer Vorzeigeunternehmen Salamander ist kein ganz leichtes. Eine Unternehmenschronik aus dem Jahr 1958 hatte das Thema komplett außen vor gelassen. Die Stolpersteininitiative hat nun aber die Verwaltung und den Gemeinderat für ein Projekt gewinnen können, das die Schicksale eben jener Zwangsarbeiter an prominenter Stelle in den Fokus rückt. Künftig soll eine Stele am Eingang des Rathauses an die tausenden Zwangsarbeiter während der Nazi-Herrschaft in Kornwestheim erinnern.
Arbeitsausweis aus der NS-Zeit
Die Stele selbst soll 2,10 Meter hoch und 60 Zentimeter breit sein. Ein historisches Foto Kornwestheims mit Blick auf Salamander sowie eine Abbildung eines Arbeitsausweises einer Zwangsarbeiterin soll den oberen Teil der Stele zieren. Darunter ist ein Text vorgesehen, der an die 3000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in den Jahren 1940 bis 1945 erinnert.
Stolpersteininitiative treibende Kraft
Die Stele soll am Eingang in der Stuttgarter Straße aufgestellt werden, unweit der bereits dort vorhandenen Infostelen. Die Kosten – laut Stadtverwaltung etwa 1600 Euro – wollen sich Stadtverwaltung und Stolpersteininitiative hälftig teilen. Hintergrund der Aufstellung ist zum einen das zehnjährige Bestehen der Initiative als Verein, das im Herbst mit einer Ausstellung im Foyer des Rathauses gefeiert werden soll. Zum anderen hat die Initiative angesichts der immensen Zahl an Zwangsarbeitern einen Gedenkort in der Stadt gefordert. „Es ist unsere Geschichte und die gehört aufgearbeitet“, sagt Rainer Juchheim von der Stolpersteininitiative. Er beschäftigt sich seit acht Jahren mit dem Zwangsarbeiter-Thema und berichtet von zähen Recherchen, weil es nur wenige Quellen gebe. Und die Quellen, die es gab, waren nicht immer leicht zugänglich. „Ich musste die Namen der 3000 Zwangsarbeiter abschreiben, um sie mitnehmen zu können“, sagt Juchheim.
Ganz aktuell hat er zudem einen weiteren Anhaltspunkt gefunden, der zu einer Änderung der Stele führen soll. „Es gab auch Kinderarbeit bei Salamander“, sagt Juchheim. Das solle nun auch auf den Text der Stele kommen, erfordere aber, dass die Stadt den veränderten Text erneut absegne. Juchheim ist dennoch zuversichtlich, dass die Stele im Rahmen der Ausstellung im November feierlich eingeweiht werden kann. Nach dem aktuellen Stand seiner Recherchen dürften die größten Profiteure von Zwangsarbeit Salamander (2000), die Stotz AG (500) und die Reichsbahn (500) gewesen sein. Vereinzelt wurden Zwangsarbeiter in der Stadtverwaltung sowie bei landwirtschaftlichen und anderen gewerblichen Betrieben eingesetzt. „Bei Salamander gab es sogar ein Zwangsarbeiterlager“, sagt Juchheim. Darüber, wie die zum größten Teil französischen Gefangenen bei ihrer Zwangsarbeit in Kornwestheim behandelt wurden, gebe es keine Quellen. Man wisse bislang von drei Exekutionen, zwei der Getöteten seien namentlich bekannt. Die Recherche zu ihren Hintergründen in der Ukraine verlief aber ergebnislos, wie Juchheim erzählt.
Viele Profiteure von Zwangsarbeit
Ursprünglich wollte die Stolpersteininitiative eine Tafel zum Gedenken an die Zwangsarbeiter am Salamander-Areal anbringen. Eine Einigung mit dem Eigentümer gelang aber nicht. Zudem kam der Hinweis, dass Salamander nicht der einzige Profiteur von Zwangsarbeit war. Welches Ausmaß diese in der Stadt hat, wird laut Juchheim auch deutlich, wenn man die 3000 Zwangsarbeiter den zur damaligen Zeit etwa 10 000 Einwohnern Kornwestheims gegenüberstelle.