Vor zwei Wochen rückte die Polizei aus, um den Schlossplatz wegen Böllerei zu räumen. Die Probleme halten laut manchen Beobachtern an. (Archivbild) Foto: 7aktuell.de/Simon Adomat/7aktuell.de | Simon Adomat

Der Freitag war ruhig, aber die Zustände im Herzen der Stadt sind seit Sommer eher schlimmer als besser geworden. Die Gastronomen sprechen von einer Katastrophe.

Stuttgart - Freitag kurz vor Mitternacht auf dem Kleinen Schlossplatz: ein paar junge Männer stehen um einen Ghettoblaster. Auf den Stufen der Freitreppe haben sich kleine Grüppchen versammelt. „Heute ist es ungewöhnlich ruhig“, sagt Daniel Mattes. Durch die großen Fenster im zweiten Stock der Bar Waranga hat man den perfekten Überblick auf den Platz. Vor Corona wurden hier private Events gefeiert, jetzt sitzt man mit ausreichend Abstand auf den Polsterflächen.

Die „unschönen Szenen“, die der Referent des Oberbürgermeisters und CDU-Kreisvorsitzende CDU Thrasivoulos Malliaras bei Facebook beschrieben hat, kommen Daniel Mattes mehr als bekannt vor. Er selbst habe teilweise bereits resigniert, erzählt er. Er rufe die Polizei häufig schon gar nicht mehr an. Mit den Freitagen – besonders mit dem heutigen – könnte er leben, meint er. „Aber die Samstage sind eine Katastrophe.“

Es fliegen Böller

Und die bahne sich immer früher an. Bereits gegen 18, 19 Uhr sammeln sich seiner Beobachtung nach die Jugendlichen auf dem Kleinen Schlossplatz oder aber wegen der niedrigen Temperaturen in den Königsbaupassagen. Gegen 20.30 geht dort das Rolltor runter, vor seiner Bar wird es voll – und die ersten Böller fliegen Richtung Terrasse.

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Das sei eine neue Entwicklung, meint Mattes, die ihn auch wieder zum Handy greifen lasse – auch weil er Angst davor habe, seine Gäste über den Platz nach Hause zu schicken. Immerhin hat er die Hoffnung, dass im Sommer die strengen Corona-Regeln fallen könnten und die Gastronomen den Kleinen Schlossplatz wieder bespielen dürfen. Damit, glaubt er, ändere sich auch das Publikum. „So können wir uns unsere Stadt wieder ein Stück zurückerobern.“

Eingangstür eingeschlagen

Für Dennis Shipley, den Geschäftsführer der Alten Kanzlei am Schillerplatz, hat die Sperrstunde auch ihr Gutes gehabt: von den geschilderten nächtlichen Szenen hat er nicht allzu viel mitbekommen. Die Folgen sind freilich anderntags sichtbar, wie Shipley schildert. Immer wieder werde an das Testzelt vor dem Restaurant uriniert, die Wände werden beschmiert – und vor drei Wochen wurde die Eingangstür eingeschlagen.

Kürzlich war er privat mit einer Begleiterin auf dem Kleinen Schlossplatz unterwegs. Am oberen Absatz der Treppenanlage wurde diese auf vulgäre Weise angepöbelt. „Die Verrohung nimmt zu“, sagt der Gastronom, der im Blick auf die Zustände in seiner unmittelbaren Nachbarschaft von einer „unendlichen Geschichte“ spricht. Schließlich hatte er schon im vorigen Sommer Alarm geschlagen. Auch wenn die Sperrstunde seit Donnerstag weggefallen ist, will Shipley die Alte Kanzlei vorerst um 23 Uhr schließen: „Die Stimmung ist zu aufgeheizt.“