Die Hitze schreckt beim „Fest ohne Kohle“ die Besucher Foto: Andrea Eisenmann - Andrea Eisenmann

Volle Bänke und das bei mehr als 30 Grad. Das „Fest ohne Kohle“ fand am späten Samstagnachmittag zum vierten Mal auf dem Cannstatter Marktplatz statt. Das Besondere an der Hocketse: Essen, Trinken und Live-Musik sind für alle Besucher umsonst.

Bad CannstattStraßenfeste können schnell ins Geld gehen. Hier eine Portion Pommes oder eine Currywurst, da ein Getränk und das aufgebaute Karussell scheint den Nachwuchs magisch anzuziehen. Menschen mit geringem oder gar keinem Einkommen im Stadtbezirk machen deshalb oft einen großen Bogen um entsprechende Veranstaltungen. Mit einer Ausnahme: Beim „Fest ohne Kohle“ sind Verpflegung und Unterhaltungsprogramm für alle Besucher kostenlos. Und so sind am späten Samstagnachmittag zahlreiche Personen auf den Cannstatter Marktplatz gekommen, obwohl die Sonne unerbittlich vom Himmel knallt. 32 Grad zeigt das Thermometer. Die Stimmung wollen sich die Anwesenden von der Hitze nicht verderben lassen. Geduldig reihen sie sich in die Schlangen vor den Zelten ein und strecken den ehrenamtlichen Helfern ihre Pappteller und Becher entgegen. Der Geruch von Grillwürsten, Waffeln und Falafel liegt in der Luft. „Lasst es euch schmecken“, ist immer wieder zu hören. Wer will, kann etwas in eine der Spendenkassen stecken.

Seit 2014 lädt das Organisatorenteam, eine Kooperation der Ambulanten Hilfe und mehrerer Cannstatter Religionsgemeinschaften, zu der Hocketse ein, deren Name sich an das seit mehr als zweieinhalb Jahrzehnten bestehende Angebot „Essen ohne Kohle“ anlehnt. Passanten, die beim Einkaufsbummel zufällig vorbeikommen, und bedürftige Personen, die sich laut Mitorganisatorin und Sozialpädagogin Diana Neugebauer seit Wochen auf das Fest freuen – an den Tischen begegnen sich die Gesprächspartner auf Augenhöhe. „Es geht sehr friedlich zu“, schwärmt ein 51-jähriger Besucher, der keine der bisher vier Veranstaltungen auf dem Marktplatz verpasst hat. Was auch eine Rolle spielt: „Hier trifft man viele Menschen, denen das Leben auch einen Streich gespielt hat.“

Rund 360 Maultaschen und 18 Kilogramm Tomaten – das ist das „Gepäck“, mit dem die Helfer der katholischen Liebfrauengemeinde vor Ort sind. „Den Kartoffelsalat haben wir dieses Mal weggelassen. Dafür war es heute einfach zu heiß“, sagt Sigrid Carcanella und lacht.

Gegen 16.30 Uhr wird die Hocketse offiziell von Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler eröffnet, der das „Fest ohne Kohle“ kurzerhand in ein „Fest für Coole“ umbenennt und die Veranstaltung als „Zeichen für eine solidarische Gesellschaft“ würdigt. Anschließend stimmen die Besucher ein eigens auf die Veranstaltung umgetextetes Lied der Sportfreunde Stiller an. Dessen Refrain: „14, 16, 18 und auch heut’ an diesem Tag feiern wir ein großes Fest. Hast du Kohle, hast du keine, das ist heute ganz egal, weil sich’s auch ohne feiern lässt.“

Zur guten Stimmung tragen in den kommenden Stunden auch die Musiker, Sänger und Chöre bei, die auf der kleinen Bühne ohne Gage auftreten. Es gibt viele, denen Mitorganisator Manfred Neumann von der Ambulanten Hilfe am Ende des Tages danken will: angefangen bei den zahlreichen ehrenamtlichen Helfern der Religionsgemeinschaften und Organisationen, über zahlreiche, in Bad Cannstatt ansässige Firmen und Vereine, die mit Geld-, Sach- und Essensspenden zum Gelingen des Festes beitragen bis hin zur Verwaltung im Bezirksrathaus – „mit deren Mitarbeitern haben wir eine ganz besonders gute Zusammenarbeit“.