Wintergemüse wie Rüben, Schwarzwurzeln oder Pastinaken liefern viele wichtige Nährstoffe. Foto: imago/Achim Sass

Eine abwechslungsreiche Ernährung hilft, fit und gesund durch den Winter zu kommen. Nahrungsergänzungsmittel sind jedoch mit Vorsicht zu genießen.

Blutergüsse, entzündetes Zahnfleisch, Gelenkschmerzen: Unter Seefahrern war früher Skorbut eine schwere Plage. Nach Monaten einseitiger Ernährung litten viele an einem chronischen Vitamin-C-Mangel. Mitte des 18. Jahrhunderts bekamen zwei Skorbut-Patienten bei einer Versuchsreihe des schottischen Arztes James Lind zusätzlich zu ihrer Verpflegung täglich zwei Orangen und eine Zitrone – sie erholten sich schnell. Damit war klar: Zitrusfrüchte heilen Skorbut. Dass die Wirkung der Früchte auf ihrem hohen Vitamin-C-Gehalt beruhte, erfuhren Mediziner aber erst später.

Also hilft bergeweise Orangen essen?

Einen Teil ihres Rufs als Vitamin-C-Bomben dürften Zitrusfrüchte diesem Hintergrund verdanken. Kommt man also gesund durch den Winter, indem man bergeweise Orangen isst? „Das ist völliger Quatsch“, sagt die Ernährungsexpertin Angela Clausen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Mehr Vitamin C zu sich zu nehmen, als man braucht, bringt nichts: Überschüssige Mengen werden vom Körper ausgeschieden. Es gibt keine Belege dafür, dass der Stoff in hohen Dosen vor Erkältungen schützt. Infektanfällig wird man bei einer Unterversorgung. Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) sind die meisten Bundesbürger gut mit Vitamin C versorgt.

„Das Wichtigste für das Immunsystem ist eine abwechslungsreiche, energieangepasste Ernährung“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Astrid Donalies von der DGE. Sie empfiehlt eine bunte, pflanzenbetonte Auswahl an Lebensmitteln, allen vorweg Gemüse, Obst und Vollkornprodukte. Sinnvoll ist es, saisonale und regionale Produkte zu kaufen. Sie sind oft vitaminreicher – bei grünem Salat zum Beispiel sinkt der Vitamingehalt bei längerer Lagerung schnell.

Nicht nur Vitamin C ist wichtig. „Fast alle Vitamine und Nährstoffe haben eine Aufgabe im Immunsystem“, sagt die Ernährungsmedizinerin Professor Kristina Norman vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke. Multivitamintabletten sind jedoch selten nötig: Der Durchschnittsdeutsche ist mit den meisten Nährstoffen ausreichend versorgt. Nur bei Vitamin D, Kalzium, Folsäure und Jod gibt es Hinweise, dass manche Bevölkerungsgruppen, etwa Senioren, die Zufuhr-Empfehlungen der DGE nicht erreichen.

Zu viele Vitamine können schädlich sein

Da eine Überversorgung mit Vitaminen schädlich sein kann, sind Multivitaminpräparate jedoch mit Vorsicht zu genießen. „Wer zum Beispiel Nahrungsergänzungsmittel für die Knochen und dann noch Multivitamintabletten nimmt, könnte schnell zu hohe Dosen erwischen“, sagt Norman. Mit normalen Lebensmitteln kann es zu keiner „Vitaminvergiftung“ kommen – auch nicht, wenn man einen Bund Karotten auf einmal verputzt.

DGE-Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass eine gute Vitamin-D-Versorgung vor Atemwegserkrankungen schützen kann. Gemessen an den Blutwerten sind fast 60 Prozent der Bevölkerung aber nicht optimal damit versorgt. Gerade im Winter kann es zu Engpässen kommen: Dann reicht die Sonneneinstrahlung hierzulande nicht aus, damit der Körper genügend Vitamin D über die Haut bilden kann.

Dennoch: Wegen der Gefahr von Überdosierungen empfiehlt die DGE solche Präparate nur, wenn eine ausreichende Versorgung auf natürlichem Weg nicht zu schaffen ist. „Ich plädiere dafür, den Vitamin-D-Spiegel beim Arzt bestimmen zu lassen“, sagt Norman. Eine leichte Unterversorgung lässt sich eventuell über Nahrungsmittel ausgleichen – mit Fisch, Eiern, Margarine und Milchprodukten etwa. Bestehen größere Defizite, kann ein Präparat verordnet werden.

Wer seinem Darm etwas gutes tut, steigert seine Abwehrkräfte

Vitamin D auf eigene Faust einzunehmen, ist nicht immer unproblematisch. „Der Stoff beeinflusst den Hormonstoffwechsel“, sagt Clausen. „Gerade bei Kindern muss man aufpassen.“ Zudem kann es zu Wechselwirkungen mit Medikamenten, etwa Herzglykosiden, kommen. „Es ist deshalb immer besser, vorher mit dem Arzt zu sprechen.“ Auch für andere Ergänzungsmittel, etwa Zink oder Selen, gilt: Sinnvoll sind sie nur bei einer Unterversorgung.

Dagegen kann man auf natürlichem Wege einiges tun. Inzwischen ist klar, dass das Mikrobiom des Darms unter anderem bei der Abwehr von Krankheitserregern eine große Rolle spielt. Daher sei es wichtig, den Darm gut zu versorgen, sagt Donalies. Neben Ballaststoffen, die zum Beispiel in Hülsenfrüchten enthalten sind, empfiehlt sie fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut, um die Vielfalt des Mikrobioms zu erhöhen.