Kleine Vampire: Zecken suchen auf der Haut geeigneten Stellen, um dann Blut saugen zu können. Foto: /Marijan Murat

Zecken können gefährliche Krankheiten übertragen. Auch Stuttgart gilt als Hochrisikogebiet. Eine Impfung beugt einer FSME-Infektion vor.

Untertürkheim - Das nicht mit dem Auge sichtbare Coronavirus SARS-CoV-2 bestimmt seit einem Jahr die Schlagzeilen und rückt andere, von Tieren übertragene Krankheiten in den Hintergrund. FSME, die Frühsommer-Meningoenzephalitis oder Hirnhautentzündung, sowie die von Bakterien hervorgerufene Borreliose gehören dazu. Beiden Krankheiten ist eines gemein: Sie werden von Zecken übertragen. Die Parasiten haben es auf das Blut von Tieren abgesehen. Manche Arten zapfen aber auch Menschen an. Bei der Blutmahlzeit können sie Krankheitserreger übertragen. Bei FSME gelangen Viren in den menschlichen Blutkreislauf. Die Anfangsbeschwerden ähneln zunächst einem grippalen Infekt, aber die Viren können das Rückenmark und die Gehirnnerven schädigen, Folgeschäden oder sogar den Tod hervorrufen. Seit 20 Jahren müssen FSME-PatientInnen gemeldet werden. Im vergangenen Jahr erkrankten in Deutschland 700 Menschen – absoluter Rekord. Seit Jahren beobachten die Fachleute eine Zunahme. Das Besorgniserregende: Baden-Württemberg führt die Statistik an. „2020 sind hier 331 Menschen an FSME erkrankt“, sagt Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt. Stuttgart meldete 14 bestätigte FSME-Fälle. Bis auf den Stadtkreis Heilbronn gelten alle Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg als FSME-Risikogebiete. Es scheint viele Ursachen für die steigenden Infektionszahlen zu geben. „Die Anzahl der Zecken ist regional sehr unterschiedlich und schwankt auch zwischen den Jahren. Auf Grund der Trockenheit in den letzten Jahren, insbesondere in einigen Regionen des Landes, ist die Anzahl der Zecken nicht deutlich angewachsen“, erklärt Professorin Ute Mackenstedt. Eventuell trage das veränderte Freizeitverhalten durch Corona – die Menschen halten sich mehr in der Natur auf – zum Anstieg bei. „Es gibt offensichtlich Entwicklungen, die zu Veränderungen im Übertragungszyklus führen“, sagt die bundesweit anerkannte Zeckenexperten an der Uni Hohenheim. Generell beobachten die Experten, dass sich das Risiko nicht mehr lokal eingrenzen ließe.

Doch keine Panik: Nicht jede Zecke ist infiziert, nicht jeder Stich führt zu Krankheiten. „FSME-positive Zecken kommen nur in sehr kleinräumigen Naturherden vor. Normalerweise liegt der Prozentsatz der FSME-positiven Zecken in so einem Naturherd etwa bei 0,5 bis zwei Prozent. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass der Anteil an FSME-positiven Zecken im letzten Jahr bis auf 5 Prozent ansteigen konnte“, so Mackenstedt. Aber: Die Durchseuchung der Zecken mit Borrelia-Bakterien liegt deutlich höher, zwischen 10 und 30 Prozent. Die Borrelia-positiven Zecken kommen zudem flächendeckend vor.

Gegen FSME gibt es zudem eine vorbeugende Maßnahme: eine Impfung. Sie bieten einen hohen Schutz. „Die Impfung ist in Baden-Württemberg für alle Menschen empfohlen. Besonders sinnvoll ist sie für Menschen, die sich beruflich oder in der Freizeit gerne im Freien aufhalten“, sagt Jasmin Bühler, die Pressesprecherin der Stadt, auf Nachfrage bei den Experten des Gesundheitsamts. „Da wir im Moment nicht wissen, wo FSME-Naturherde vorkommen und es diese auch in anderen Bundes- sowie in Nachbarländern gibt, sollte über eine FSME-Impfung gründlich nachgedacht werden“, legt Mackenstedt den kurzen Piks jedem ans Herz. Nach der Grundimmunisierung durch eine Spritze ist die erste Auffrischung nach drei Jahren, danach alle fünf Jahre vorgesehen.

Anders sieht es bei der Lyme-Borreliose aus. Sie wird durch Bakterien ausgelöst, die die Zecken übertragen können. Gegen sie gibt es keine Impfung. Bei der Borreliose kann es nach dem Stich durch eine infizierte Zecke zu einer Wanderröte um die Einstichstelle kommen. Dann wird es höchste Zeit, den Arzt aufzusuchen. Erfolgt eine frühzeitige Behandlung mit Antibiotika, ist die Prognose gut. Wird die Erkrankung verschleppt, kann es zu neurologischen Beschwerden kommen, die einem Schlaganfall ähneln.