Sarah Kohr (Lisa Maria Potthoff) kümmert sich um ihre kranke Mutter (Corinna Kirchhoff). Foto: ZDF und Marion von der Mehden/Marion von der Mehden

Der Hochspannungs-Thriller „Stiller Tod“ aus der ZDF-Reihe „Sarah Kohr“ mit Lisa Maria Potthoff feiert am Montagabend seine Heldin wie eine Ikone des Action-Kinos.

Stuttgart - Die Spannung ist kaum zu überbieten: Die blutüberströmte Heldin will sich opfern, um die Stadt vor einem Giftgasanschlag zu retten. Sie schließt sich mit der Gaskartusche in einen luftdichten Panzerwagen ein, und als doch noch in letzter Sekunde Rettung naht, bekommt sie vor lauter Erschöpfung die Luke nicht auf.

In den Anfangsjahren des Tonfilms sorgten die sogenannten Serials dafür, dass jugendliche Besucher Woche für Woche ins Kino gingen: Die Kurzfilme endeten stets mit einer scheinbar ausweglosen Situation und dem Hinweis „Fortsetzung folgt“. Nach diesem Muster funktionieren heute noch viele TV-Thriller. In „Stiller Tod“, dem sechsten Film mit Lisa Maria Potthoff als Sarah Kohr, endet der Prolog mit der Einblendung „12 Stunden vorher“. Die Herausforderung für Buch (Timo Berndt) und Regie (Christian Theede) bestand darin, die Hochspannung des Auftakts nicht absacken zu lassen.

Duelle auf Leben und Tod

Die Rückblende beginnt im Hamburger Institut zur Beseitigung chemischer Kampfstoffe: Eine Frau (Natalia Rudziewicz) entführt den Chef (Kai Wiesinger) der Einrichtung mitsamt der Saringranate, die der Mann gerade entschärfen will. Um zu vermeiden, dass in der Stadt eine Panik ausbricht, will Staatsanwalt Mehring (Herbert Knaup) die Bedrohung unterm Radar halten und setzt seine beste Frau auf den Fall an. Sarah Kohr braucht nicht lange, um rauszufinden, dass die Entführung bloß fingiert ist.

Der vordergründige Reiz der Reihe liegt im Entwurf der ungewöhnlichen Protagonistin; auch diesmal muss sie einige heftige Duelle auf Leben und Tod überstehen. Theede inszeniert Kohr als „Last Woman Standing“, die immer noch da ist, wenn sonst keiner mehr da ist, wie sie es selbst formuliert, aber sie hat noch eine zweite Seite. Ihre Mutter (Corinna Kirchhoff) ist überzeugt, dass die Tochter wegen einer alten Schuld von Todessehnsucht getrieben wird. Diese Ebene wirft ein anderes Licht auf die Heldin und sorgt dafür, dass sie hinter ihrer unnahbaren Fassade verletzlich wirkt; dieser Kontrast macht den Reiz des Films aus.

Emotionale Kraft

Der Rest ist Handwerk, aber auf hohen Niveau. Gerade die Bildgestaltung ist ausgezeichnet. Mindestens genauso wichtig ist die Musik; Boris Bojadzhiev hat Kohr schon in den letzten Episoden förmlich vor sich hergetrieben. Die Faszination des Films resultiert trotzdem aus dem Drehbuch. Die Handlung ist keineswegs so übersichtlich, wie sie auf den ersten Blick wirkt. Dank dieses Facettenreichtums können Berndt und Theede ihre Heldin und vor allem deren Darstellerin umso uneingeschränkter feiern.

Als die Filmhandlung kurz vor Schluss den Prolog wieder einholt, gelingt Theede und seinem Kameramann Tobias Schmidt eine Einstellung von großer emotionaler Kraft: Kohr, zerschunden und mutmaßlich dem Tode geweiht, nimmt mit dem Giftbehälter im Arm Abschied von ihrem früheren Geliebten. Der Schmerz in ihrem Blick verleiht ihr die jenseitige Schönheit einer Pietà.

Sarah Kohr: Stiller Tod. Montag, 20.15 Uhr, ZDF, vorab in der ZDF-Mediathek verfügbar