Er gehöre zu denjenigen, die Putin unterschätzt hätten, so der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz (Archibild). Foto: imago images/teutopress/teutopress GmbH via www.imago-images.de

Die Politik hat die Brutalität von Putin unterschätzt – ist man sich bei „Markus Lanz“ am Dienstagabend einig. Doch welche Konsequenzen sollten gezogen werden? Und warum rät eine Militärexpertin zur verbalen Abrüstung?

Es ist der 27. Tag des Krieges in der Ukraine und über Parteigrenzen hinweg gestehen sich viele ein: Putin und der Kreml wurden zuletzt vom Westen unterschätzt. In der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ diskutierten am Dienstag der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, die Berliner Integrationssenatorin Katja Kipping (Linke), die Militärexpertin Florence Gaub und der Journalist Robin Alexander.

Russland wolle zivile Ziele treffen und so eine Bestrafungsstrategie verfolgen, erklärte die Militärexpertin Florence Gaub direkt zu Beginn der Sendung. Es gehe dabei um „Terror gegen die Zivilbevölkerung“. Ein schneller Sieg für Russland sei nicht abzusehen. Nach wie vor halte die Ukraine die Stadt Mariupol, sie sei strategisch von besonders großer Bedeutung.

Warum die Militärexpertin zur verbalen Abrüstung rät

Die Militärexpertin kam in ihrer Einschätzung aber auch auf die emotionale Ebene zu sprechen, die Deutschland direkt betrifft. Es gelte derzeit, verbal abzurüsten. „Nicht die Bombe ist die Waffe, sondern die Angst davor“, sagt sie. Nun von einem Dritten Weltkrieg zu sprechen, sei nicht zielführend. Denn auch unsere Gefühle würden das Ziel russischer Propaganda, so die Expertin.

Während Gaub vor allem über die militärische Bewertung der Lage und die Linken-Politikerin über die vielen Flüchtlinge in Berlin sprach, lieferten sich Martin Schulz (SPD) und Journalist Robin Alexander einen Schlagabtausch. Der Journalist kritisierte den Politiker unter anderem dafür, in der Vergangenheit das Zwei-Prozent-Ziel der Nato nicht unterstützt zu haben. „Ich gehöre zu den Leuten, die das unterschätzt haben“, sagt Schulz über die Aggressionen aus Russland.

Er zeigte sich verbal solidarisch mit Kanzler Olaf Scholz, der in den vergangenen Tagen oft für seinen Umgang mit dem Krieg in der Ukraine kritisiert worden war. Auf so manche kritische Nachfrage von Robin Alexander hin wirkte Martin Schulz fast beleidigt. Er verteidigte seine Partei: Es sei kein Problem der SPD, sondern eines von ganz Europa.

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Besonders einig schien sich die Runde aber in einem Punkt zu sein: Der Westen hat Putin unterschätzt. Selbst die Linken-Politikerin Katja Kipping erklärte, dass sie inzwischen anders über Waffenlieferungen denke als noch vor einiger Zeit. Doch zu einem klaren Ja dazu ließ sie sich nicht hinreißen.

Auch Moderator Markus Lanz schaltete sich in der Sendung immer wieder selbst ein und erklärte zur falschen Einschätzung in den vergangenen Jahren: „Das ist die Lebenslüge einer ganzen Generation.“