Nina und Hannelore (re.) Hoger sind, unverkennbar, zurück am Meer. Foto: ZDF/Marion von der Mehden

In dem Drama „Zurück ans Meer“ treffen an diesem Montagabend im ZDF Hannelore und Nina Hoger aufeinander: Eine Tochter stellt sich in diesem ZDF-Fernsehfilm mit Hilfe der Mutter endlich einem alten, noch lange nicht überwundenen Trauma.

Stuttgart - Die Seele kann ein Gefängnis sein, aus dem es kein Entrinnen gibt: Mara Breuer ist vor langer Zeit entführt worden. Körperlich hat sie das Verbrechen unbeschadet überstanden, aber ihre Psyche hat erhebliche Schäden davongetragen. Ein Teil von ihr ist immer noch in der Kiste gefangen, in die ihr Kidnapper sie damals gesteckt hat, der Entführer hingegen ist nach wie vor auf freiem Fuß. Gut zwanzig Jahre später glaubt Maras Mutter Charlotte, die damals mit dem Entführer telefoniert hat, auf der Straße seine Stimme wiederzuerkennen. Aber der Mann, den sie für den Peiniger ihrer Tochter hält, ist Mitglied einer der angesehensten und reichsten Familien Dänemarks.

Dieses Szenario ist die Basis für ein Drama, das nur vordergründig wie ein Krimi wirkt. Die fast schon obsessiven Versuche von Charlotte (Hannelore Hoger), den vermeintlichen Entführer dazu zu bringen, die Tat zu gestehen, bilden bloß die Karosserie des Films, sein Motor ist die Mission, Mara (Nina Hoger) endlich aus ihrem inneren Exil zu befreien.

Zwei, die sich gut kennen

Das Drehbuch von Fabian Thaesler erzählt zwar in erster Linie von Charlottes Ausflügen nach Dänemark, wo sie Kjell Mortensen (Jens Albinus) nachstellt, doch die eigentliche Hauptfigur ist Mara.

Nina und Hannelore Hoger haben schon oft zusammengespielt, aber „Zurück ans Meer“ ist schauspielerisch eine ihrer besten gemeinsamen Arbeiten, zumal Ninas Rolle gerade wegen ihres geringeren Spielraums die deutlich größere Herausforderung ist.

Während Charlotte dem Bauunternehmer das Leben schwer macht, ist Mara, bildlich gesprochen, dazu verurteilt, in ihrer Zelle zu verharren. Nina Hoger versieht Mara mit einer Körpersprache, die keinen Zweifel am Zustand der Frau lässt. Die verkrümmte Haltung und die große Anspannung senden unmissverständliche Signale aus. Körper und Seele, erläutert ihre Therapeutin (Christina Große) dazu im Film, „halten sich gegenseitig gefangen“.

Als Mara nach und nach Zutrauen zu der Ärztin fasst – die Ärztin vergleicht diesen Prozess mit Auftauen –, entspannt sich nicht nur ihre Verkrampfung; nun verliert sie auch die anfängliche verhärmte Art. Ihre Panikattacken bleiben jedoch. Hoger lässt diese schwierigen Szenen sehr authentisch und entsprechend berührend wirken, so etwas kann auch leicht auch ins Gegenteil umschlagen.

Maras Metamorphose hat die renommierte Schauspielerin gemeinsam mit Markus Imboden ohnehin sehr eindrucksvoll entwickelt. Der Schweizer Regisseur war ebenfalls an diversen „Bella Block“-Episoden beteiligt und hat den Film gewohnt zurückhaltend inszeniert.

Es gibt auch heitere Momente

Natürlich lebt der Fernsehfilm „Zurück ans Meer“ auch von der Frage, ob Mortensen tatsächlich der Täter ist. Charlotte allein hätte keine Chance, die Wahrheit rauszufinden, findet jedoch einen unerwarteten Verbündeten: Der eingesetzte Pflichtverteidiger Johansen hat eigentlich gar keine Lust, sich auf ihre Hirngespinste einzulassen, aber die Sturheit der Frau imponiert ihm.

Morten Sasse Suurballe sorgt für die wenigen heiteren Momente des Films, weil der Anwalt, der mehr und mehr zur Schlüsselfigur der Geschichte wird, von den beiden Frauen immer wieder in haarsträubende Situationen gebracht wird; die Figur könnte auch aus einer Erzählung von Ferdinand von Schirach stammen.

Zurück am Meer. Montag, 4. Oktober, 20.15 Uhr, ZDF