Gute Nachrichten für Radfahrerinnen und Radfahrer (Symbolbild). Foto: imago images/Fotostand/Fotostand / K. Schmitt via www.imago-images.de

Zwar verunglücken im Südwesten immer noch Tausende Menschen beim Radfahren. Aber erstmals seit Jahren sinken die Zahlen deutlich. Aus Sicht eines Fahrradverbands kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen.

Stuttgart - Zum ersten Mal seit langem ist die Zahl der verunglückten Radfahrer im Südwesten deutlich zurückgegangen. Nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg verunglückten im Zeitraum Januar bis Juni 2021 rund 4100 Menschen mit einem Fahrrad oder Pedelec. Das sind fast 800 oder rund 16 Prozent weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Der Wert unterschritt auch den vor der Pandemie in der ersten Hälfte 2019 gemessenen. Allerdings blieb die Zahl der bei oder infolge von Fahrradunfällen Getöteten mit 25 gleich. Die Statistiker erklärten den allgemeinen Rückgang am Donnerstag mit deutlich schlechterem Wetter 2021, das viele Menschen von Touren mit dem Rad abgehalten habe.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) gab keine Entwarnung. Verbandschefin Gudrun Zühlke sagte: „Ich habe die Vision Zero, also gar keine Unfälle.“ Eine Mobilitätswende vom Auto zum Fahrrad kann aus ihrer Sicht nur gelingen, wenn die Menschen sich auf ihren Rädern sicher fühlen. „Dies ist aber häufig nicht der Fall“, sagte Zühlke.

Ängste der Radfahrerinnen und Radfahrer

Die größten Ängste der Radler entstehen laut ADFC durch zu geringen Abstand überholender Fahrzeuge. „Das ist für die Radfahrer eine sehr unangenehme Situation“, sagte Zühlke. Die vorgeschriebene Distanz von 1,5 Meter müsse viel stärker von der Polizei kontrolliert werden, etwa mit Videokameras von Brücken. Parkende Autos verknappten den Platz für die Radfahrer auf den Straßen. Zu deren Verunsicherung trage auch bei, dass Fahrradwege nicht selten im Nirgendwo endeten oder ihre Fortführung nicht sofort erkennbar sei. Schilder mit der Bitte an die Radler, in solchen Situationen abzusteigen, seien eine Zumutung. Zühlke: „Eine solche Aufforderung an Autofahrer habe ich noch nie gesehen.

Nach Angaben der Statistikbehörde hat sowohl die Zahl der leicht verletzten Radler (-15,6 Prozent) als auch die der schwer verletzten (-18,0 Prozent) abgenommen. Fast drei Viertel der im ersten Halbjahr verunglückten Fahrradfahrenden waren mit einem Fahrrad ohne Elektroantrieb unterwegs, über ein Viertel entfiel auf Nutzer von Pedelecs.

Die fahrradfreundliche Universitätsstadt Freiburg registrierte trotz rückläufigen Trends erneut mit 263 die meisten verunglückten Radler im Land. Darauf folgten die Landeshauptstadt Stuttgart mit 231 sowie der Ortenaukreis mit 210 Verunglückten.

Was ist mit den E-Scootern?

In Mannheim hat die Polizei auch die Unfälle mit E-Scootern im Blick. Eine Kampagne in den sozialen Medien soll in der kommenden Woche über die Regeln der Nutzung der bis zu 20 Kilometer pro Stunde schnellen Fahrzeuge informieren. Die Zahl der Verunglückten gehe wegen der Verfügbarkeit der E-Scooter nach oben. Dabei gebe es auch schwerste Verletzungen, sagte Polizeisprecher Tobias Hoffert. Das für Mannheim, Heidelberg und den Rhein-Neckar-Kreis zuständige Polizeipräsidium zählte in Gesamtjahr 2020 sechs schwerverletzte Scooter-Fahrer und in diesem Jahr bereits fünf. Um sich vor allem vor Kopfverletzungen zu schützen, rät Hoffert zum Tragen von Fahrradhelmen.

Der FDP-Verkehrsexperte im Landtag, Christian Jung, bekräftigte seine Forderung an das Land, ein Nachholprogramm für die im Zuge der Pandemie ausgefallenen praktischen Fahrradausbildungen der Kinder aufzulegen. „Richtiges Verhalten muss in jungen Jahren gelernt und geübt werden.“ Das Kultusministerium verwies auf Online-Schulungen und Praxis-Training von Polizei und Verkehrswacht. Die Radausbildung liege dem Ressort am Herzen. 2020 nahmen rund 37 600 Schulkinder an der eigentlich verpflichtenden Schulveranstaltung teil - über 60 Prozent weniger als im Vorjahr.