Der Großteil der Mitarbeiter von Wüstenrot&Württembergische sind zurzeit im Homeoffice. Foto: Edith Geuppert/dpa

Die Krise und die coronabedingt zeitweise Pflicht zur Heimarbeit wirbelt die Arbeitskonzepte vieler Unternehmen durcheinander. Beim Finanzkonzern Wüstenrot & Württembergische ist jetzt schon klar, dass das Homeoffice nach der Pandemie einen hohen Stellenwert behält.

Stuttgart - Der Finanzkonzern Wüstenrot & Württembergische will nach den guten Homeoffice-Erfahrungen in der Corona-Pandemie auch nach der Krise mittelfristig deutlich stärker auf Heimarbeits-Modelle setzen. Vom Jahr 2023 an werde angestrebt, „dass wir für zehn Mitarbeiter noch sieben Büro-Arbeitsplätze vorhalten und dass die anderen drei dann jeweils von zu Hause aus arbeiten“, sagte W&W-Vorstandschef Jürgen A. Junker der Deutschen Presse-Agentur. „Und wenn an einzelnen Tagen mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von zu Hause arbeiten wollen, dann gerne – warum nicht!“ Voraussetzung dafür sei nur, dass die Anforderungen der Kunden des aufs Bauspar- und Versicherungsgeschäft spezialisierten Konzerns stets erfüllt würden.

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Junker sagte, vor der Pandemie hätten nur die wenigsten W&W-Mitarbeiter ab und zu von zu Hause aus gearbeitet, auch wenn bereits in Teilen entsprechende Angebote gemacht worden seien. Doch die Corona-Krise und die vorübergehend aus Infektionsschutzgründen notwendig gewordene Pflicht zur Heimarbeit habe zu einem Umdenken in der Belegschaft auch für die Zeit nach der Krise geführt. „Mit der gewonnenen Erfahrung sagen viele, dass sie mit diesem Konzept gute Erfahrungen gemacht haben, weil sie sich beispielsweise jeden Tag den Fahrweg sparen und damit täglich zwei Stunden Freizeit gewinnen.“ Auch bei Führungskräften seien die Akzeptanz von Homeoffice und die Kompetenz im Umgang damit gestiegen.

Geringere Fehlzeiten als in den vergangenen Jahren

Der 51-Jährige betonte, bei W&W sei die Qualität der Arbeit von Mitarbeitern im Homeoffice teils „noch höher als im Büro“. Zwar liefen Online-Meetings formaler ab, „aber sie sind dafür auch häufig taffer, effizienter, zielgerichteter“. Auch seien die Fehlzeiten derzeit geringer als in den vergangenen Jahren.

Ein komplettes Homeoffice-Modell für alle Mitarbeiter kann sich Junker aber nicht vorstellen. „Da würde dann insgesamt zu viel Wichtiges im zwischenmenschlichen Bereich verloren gehen.“ Zwar könnten Videokonferenzen Face-to-face-Konferenzen ergänzen, aber auf Dauer sei dieses Modell „allein nicht nachhaltig“ genug. „Wir merken, dass Videokonferenzen an ihre Grenzen kommen, wenn es um mehr als nur um die Abarbeitung eines Arbeitsplans geht.“

Rund 70 Prozent der Belegschaft im Homeoffice

Zurzeit hat die W&W-Gruppe wegen der zweiten Corona-Welle nach eigenen Angaben rund 70 Prozent ihrer Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt. Die gesundheitliche Notlage habe dazu geführt, dass selbst Führungskräfte zeitweise nur auf Grundlage von Video-Calls eingestellt worden seien. „Früher haben wir zwar auch ab und an erste Vorstellungsgespräche per Video geführt, aber es gab immer auch persönliche Treffen. Das sind einfach ganz andere Begegnungen. Wenn man sich persönlich gegenüber sitzt, kommt man anders miteinander ins Gespräch als über Videotelefonie. Auch die so wichtige menschliche Beurteilung ist erst im persönlichen Gespräch ganzheitlich möglich.“

Laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom machen Berufstätige im coronabedingten Homeoffice generell überwiegend positive Erfahrungen - und möchten auch nach der Pandemie flexibel arbeiten. Nach den Berechnungen des Verbands werden auch nach Ende der Corona-Pandemie sehr viel mehr Menschen im Homeoffice arbeiten als zuvor. Mehr als jeder Dritte werde den Arbeitsort flexibel wählen. Vor der Pandemie war Homeoffice den Angaben zufolge eher die Ausnahme.