Auch die Außenbereiche sind neu gestaltet worden. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Flächen für den dringend benötigten Wohnungsbau gibt es in Stuttgart kaum. Der Immobilienriese Vonovia hat deshalb jetzt einen neuen Weg gewählt – und wiederholt das Modell in der Region.

Stuttgart - Am Rand der Siedlung sind noch die Landschaftsgärtner am Werk. Ansonsten stehen die fünf großen Wohnblocks in der Augsburger Straße da wie neu. Frisch modernisiert, kaum noch zu vergleichen mit dem Bild, das sich noch vor zwei Jahren geboten hat am Fuß der Weinberge in Untertürkheim. Wer die Situation dort nicht genau kennt, wird nicht bemerken, dass die Gebäude höher geworden sind. Denn Deutschlands größtes Immobilienunternehmen Vonovia, in Stuttgart und der Region Eigentümer Tausender Wohnungen, hat eine komplette Etage oben auf die Häuser aufgesetzt. Zum ersten Mal in der Landeshauptstadt.

„Es ist schön zu sehen, dass wir mit dem Projekt dringend benötigten neuen Wohnraum in Stuttgart schaffen konnten, ohne Lebensraum bebauen zu müssen“, sagt Vonovia-Regionalleiterin Silke Blankenhaus. Das Modell gilt als mögliches Vorbild für weitere Bauvorhaben. Denn in Stuttgart sind Baugrundstücke selten und teuer. Seit Jahren hält die Diskussion darüber an, ob neue Baugebiete auf der grünen Wiese möglich sein sollen oder nicht.

Also warum nicht einen oben drauf setzen? Ganz so einfach ist das natürlich nicht – zumal die Häuser in bewohntem Zustand umgebaut worden sind. Die neuen Etagen selbst waren innerhalb weniger Monate fertig, doch das Gesamtvorhaben hat rund zwei Jahre gedauert. Aufzugtürme wurden außen angesetzt, Fenster und Türen erneuert, Balkone renoviert und vieles mehr. Alles in allem hat das 9,7 Millionen Euro gekostet. Entstanden sind 20 zusätzliche Wohnungen, so dass die Gesamtzahl in den fünf Blocks jetzt bei 110 liegt. Die neuen Etagen bestehen komplett aus Holz. Die Satteldächer sind Flachdächern gewichen.

14 Euro pro Quadratmeter

Die neuen Dachgeschosswohnungen sind fast alle bereits vermietet. „Das Interesse ist groß“, sagt Silke Blankenhaus. Und das, obwohl die Preise nicht gerade im günstigen Segment liegen. Die Wohnungen, die zwischen zwei und vier Zimmer haben, kosten rund 14 Euro Miete pro Quadratmeter. „Das ist relativ moderat für eine Art Neubau in Stuttgart“, so die Regionalleiterin. Die ansonsten typische Vonovia-Kundschaft, die eher bezahlbaren Wohnraum sucht, wird dort wohl nicht einziehen.

Das Modell hat noch einen weiteren Nachteil. Denn den Bestandsmietern wird während einer zweijährigen Modernisierung und Aufstockung einiges zugemutet. Und danach gibt es die übliche kräftige Mieterhöhung, wegen der Vonovia bundesweit immer wieder in die Kritik geraten ist. Diverse Mieter sind deshalb auf die Barrikaden gegangen, auch Rechtsanwälte sind eingeschaltet worden. Letztlich ist Vonovia zurückgerudert und hat allen Bewohnern für eine gewisse Zeit 15 Prozent Mietminderung und eine Einmalzahlung in Höhe von 250 Euro gewährt. „Ein Witz angesichts der Belastungen“, sagt eine Bewohnerin.

Mieterhöhungen für die Bewohner

Auch bei den ursprünglich geforderten Mieterhöhungen hat der bundesweite Druck seine Wirkung nicht verfehlt. „Sie fallen moderat aus im Vergleich zu dem, was angekündigt war“, sagt Silke Blankenhaus. Sie betragen jetzt noch maximal zwei Euro pro Quadratmeter – für manchen Mieter immer noch sehr viel Geld. Zehn der 90 Mietparteien haben Härtefallanträge gestellt. „Zweimal haben wir auf die Erhöhung komplett verzichtet, zweimal haben wir sie verringert“, so Blankenhaus. Eine ältere Bewohnerin sei für die Zeit der Bauarbeiten in eine andere Liegenschaft gezogen.

Das Beispiel soll trotzdem Schule machen. Vonovia selbst hat bereits das nächste Projekt begonnen. In Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) wird eine komplette Siedlung modernisiert. Zwölf Gebäude werden aufgestockt, dazu kommen drei Neubauten, so dass insgesamt 97 neue Wohnungen entstehen. 31 Millionen Euro werden in die ehemalige Eisenbahnersiedlung investiert. „Damit sind wir erst einmal ausgelastet, aber danach wollen wir weitere solcher Projekte identifizieren“, sagt Silke Blankenhaus.