Können wir uns das Heizen bald nicht mehr leisten? (Symbolbild) Foto: IMAGO/Michael Gstettenbauer/IMAGO/Michael Gstettenbauer

Die Bundesnetzagentur warnt vor einer Verdreifachung der Gasrechnung für Vebraucher ab dem kommenden Jahr. Die EU-Kommission schlägt vor, die Heiztemperatur in Büros abzusenken.

Die Bundesnetzagentur warnt vor einer Verdreifachung der Gasrechnung für Vebraucherinnen und Verbraucher ab dem kommenden Jahr. „An den Börsen haben sich die Preise zum Teil versiebenfacht. Das kommt nicht alles sofort und nicht in vollem Umfang bei den Verbrauchern an, aber irgendwann muss es bezahlt werden“, sagte Netzagentur-Chef Klaus Müller. Die EU-Kommission schlägt zur Einsparung vor, die Heiztemperatur in Büros im Winter auf 19 Grad Celsius zu begrenzen. 

Netzagentur-Präsident Müller sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND), bei denen, die jetzt ihre Heizkostenabrechnung bekommen, verdoppelten sich die Abschläge bereits - „und da sind die Folgen des Ukraine-Krieges noch gar nicht berücksichtigt“. Ab 2023 müssten sich Gaskunden auf eine Verdreifachung der Abschläge einstellen, „mindestens“.

4500 Euro statt 1500 Euro im Jahr

Es sei „absolut realistisch“, dass Kunden, die derzeit 1500 Euro im Jahr für Gas bezahlen, künftig mit 4500 Euro und mehr zur Kasse geben werden, sagte Müller. Er rief erneut zur Vorsorge auf: „Ich habe zwei Botschaften. Erstens: Erhöht freiwillig euren Abschlag oder legt jeden Monat etwas Geld zurück, etwa auf ein Sonderkonto. Zweitens: Redet mit eurem Vermieter oder einem Handwerker, wenn er noch verfügbar ist. Was kann man tun, um die Heizung zu optimieren?“

Etwa die Hälfte der Gasthermen in Deutschland sei nicht gut eingestellt, sagte Müller. Mit kleinem Aufwand lasst sich „ein großer Spareffekt erzielen“.

Ein Szenario, in dem kein Gas mehr bei den Menschen zu Hause ankommen, halte er für „nicht sehr wahrscheinlich“, fügte der Chef der Netzagentur hinzu. „Selbst im schlimmsten Szenario wird Deutschland weiter Gas bekommen aus Norwegen und von Terminals aus Belgien oder Holland, demnächst auch direkt von Terminals an der deutschen Küste.“

Büros nur noch auf 19 Grad erwärmen

Die EU-Kommission in Brüssel schlägt im Entwurf für ihren Gas-Notfallplan vor, das die Mitgliedstaaten von Oktober bis März eine reduzierte Heiztemperatur von 19 Grad in öffentlichen Gebäuden und in Geschäftsgebäuden anordnen können. Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery sagte der Mediengruppe Bayern, das sei gesundheitlich unbedenklich. „Dann bringt man sich halt den Pullover von zuhause mit.“

Für Kritik an den 19-Grad-Plänen der EU-Kommission hat Montgomery kein Verständnis. „Diese Debatte ist angesichts der Bedrohung der Menschen in der Ukraine und unserer Erpressbarkeit durch Putin einfach würdelos“, sagte er.

Die Kommission will dem AFP vorliegenden Entwurf zufolge auch die Privathaushalte aufrufen, „das Thermostat um ein Grad herunterzudrehen“. Je höher die Reduzierung durch freiwillige Maßnahmen ist, desto geringer sei die Notwendigkeit obligatorischer Einschränkungen für die Industrie.

Bleibt es beim Vorrang für Privatverbraucher?

Zudem stellt der Plan den Vorrang eigentlich geschützter Privatverbraucher in Frage: „In Notfällen können die Mitgliedstaaten beschließen, der Gasversorgung bestimmter kritischer Gaskraftwerke Vorrang vor der Gasversorgung bestimmter Kategorien geschützter Kunden einzuräumen, sofern die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung gefährdet sein könnte“, heißt es in dem Entwurf.

„Jetzt zu handeln kann die Auswirkungen einer plötzlichen Versorgungsunterbrechung um ein Drittel reduzieren“, betont die Kommission. Sie will den Notfallplan voraussichtlich am Mittwoch der kommenden Woche veröffentlichen. Bis dahin könnte Brüssel noch Änderungen vornehmen.

Deutschland und weitere EU-Mitgliedstaaten wollen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Energielieferungen aus Russland so schnell wie möglich senken. Gleichzeitig droht Moskau mit einem Stopp der Erdgas-Lieferungen. Am Montag war die wichtige Pipeline Nord Stream 1 für Wartungsarbeiten abgeschaltet worden. Die Arbeiten dauern normalerweise rund zehn Tage. Die Bundesregierung fürchtet, Russland könne danach überhaupt kein Gas mehr durch die Leitung liefern.