Feldhasen fühlen sich an vielen Stellen in der Stadt wohl – auch auf Friedhöfen. Foto: Brigitte Bonnet

Auf einem Friedhof in einem Stuttgarter Filderbezirk hat sich eine Feldhasen-Familie häuslich eingerichtet. Wildtiere auf Gottesäckern sind keine Seltenheit. Manchmal machen sie allerdings Probleme.

Dicht an den Grabstein gedrängt liegen die drei kleinen Häschen auf einem Grab auf dem Friedhof in einem der Stuttgarter Filderbezirke. Ein Elterntier sitzt unweit entfernt. Entdeckt hat die Hasenfamilie eine Leserin. „Plötzlich saß ein großer Hase vor mir, kam direkt von dieser Grabstätte. Ich hatte mich gewundert, dass er nicht sofort weg gehoppelt ist“, berichtet Brigitte Bonnet von ihrer tierischen Begegnung am Wochenende auf dem Gottesacker. Lediglich etwa zwei Meter habe er sich von ihr entfernt. Und dann habe sie drei Hasenkinder in einer tiefer gegrabenen Mulde entdeckt. „Natürlich bin ich ein Stück weiter gegangen und konnte beobachten, wie er in größerem Bogen das Grab umrundet und sich anschließend wieder zu den jungen Häschen gesetzt hat“, sagt Brigitte Bonnet. „Ein schönes Erlebnis am 1. Mai.“

Wildtiere sind in Stuttgart keine Seltenheit

Dass einige Wildtiere sich in der Stadt wohlfühlen, ist kein Geheimnis. Vögel und Eichhörnchen sieht man beinahe überall, in Stuttgart gibt es außerdem etliche Feldhasen und Füchse. Meistens leben sie in friedlicher Koexistenz mit den Menschen. Manchmal allerdings können sie auch Probleme machen – etwa wenn sie krank sind oder sich in Häusern einnisten.

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Auch Friedhöfe sind für viele Tiere ideale Lebensräume. „Wildtiere gibt es auf allen Stuttgarter Friedhöfen in mehr oder weniger großer Artenzahl und Population“, sagt Klaus Lachenmaier. Er ist Referent für Wildbiologie und Wildtierforschung im Landesjagdverband Baden-Württemberg mit Sitz in Degerloch und Mitglied des Nabu Stuttgart. Eichhörnchen zum Beispiel schätzten den alten Baumbestand auf Friedhöfen, Igel fänden zahlreiche Verstecke, Insekten und Regenwürmer im Erdreich. Steinmarder und Füchse seien zumeist auf Mäusejagd auf Friedhöfen unterwegs.

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Auch Waschbären und Feldhasen seien dort Zuhause, „das dürfte kein Einzelfall sein in den vielen äußeren Stadtbezirken“, sagt Lachenmaier zu dem aktuellen Fall von den Fildern. Je nach Größe und Lage des Friedhofs seien sicherlich auch Rehe, Dachse, Hermeline, Mauswiesel und Siebenschläfer auf Gottesäckern unterwegs, dazu „Fledermäuse und viele Arten von Vögeln“, sagt der Wildtierexperte. Er kann die Entzückung von Brigitte Bonnet über die Hasenbegegnung nachvollziehen. „Wildtiere sind eigentlich immer ein Grund, sich zu freuen“, sagt Lachenmaier.

Manchmal verursachen Wildtiere auch Probleme

Allerdings können die Wildtiere auch Probleme verursachen – ebenso wie freilaufende Hauskatzen, sagt Lachenmaier. Mitunter würden die Tiere Gräber oder Bepflanzung verwüsten. „Manche Wildtiere graben Pflanzen aus oder fressen sie, mache graben nach Regenwürmern oder Insektenlarven oder sie markieren ihr Revier auf Gräbern oder Grabsteinen. Von Katzen wird die lockere Graberde auch gerne als Toilette genutzt.“

Generell seien die Probleme in Stuttgart aber eher klein, da weder Wildkaninchen noch Wildschweine auf Friedhöfen vorkommen, die größere Schäden an Grabstätten verursachen könnten. Der Wildtierexperte mahnt allerdings: „Man sollte jedoch immer Wildtiere als wilde Tiere sehen und behandeln, also weder Igel noch Eichhörnchen füttern und bloß kein Futter für Füchse oder Waschbären auslegen!“