Schulleiterin Mechthild Wittmer (links) führt Lehrerin Ulrike Vogg (rechts) und die Gruppe ehemaliger Grundschüler durch die Schule. Foto: Ralf Poller/avanti

Ulrike Vogg hat mit 22 Jahren ihre erste Grundschulklasse in Höpfigheim (Kreis Ludwigsburg) übernommen. Nun feierte sie nach 50 Jahren ein Wiedersehen.

Immer, wenn sich jemand Neues zur Gruppe gesellt, runzeln die anderen kurz die Stirn. Sie strecken vorsichtig die Hand aus, um Hallo zu sagen – wissen aber nicht so ganz, wer da vor ihnen steht. Irgendwann rückt der Neue mit seinem Namen raus und die gerunzelte Stirn verschwindet. Die Augen reißen weit auf, die Mundwinkel formen ein Lächeln. „Ah! Eberhard!“, heißt es dann. So geht es ein paarmal an diesem Abend. Bis sich alle wiedererkennen, die damals – vor 50 Jahren – zusammen in der zweiten Klasse der Grundschule Höpfigheim waren.

Es ist nicht das erste Treffen der ehemaligen Höpfigheimer Grundschüler. Als alle so ungefähr 30 Jahre alt waren, hat man sich zum ersten Mal wieder gesehen. Und zwar mitsamt der ehemaligen Klassenlehrerin Ulrike Vogg. Zunächst traf man sich alle zehn Jahre, dann alle fünf. Und fast jedes Mal kam wieder ein neues Gesicht dazu. Mittlerweile sind die Schüler 57 oder 58 Jahre alt, Ulrike Vogg ist 72. Die Zweitklässler waren damals ihre erste Klasse, die sie mit 22 Jahren direkt nach dem Studium übernahm. „Damals war es noch eine ganz andere Zeit, an Schulen war so vieles anders“, erzählt Vogg.

Führung ins alte Klassenzimmer

Zur Feier der 50 vergangenen Jahre haben sich etwa 15 der ehemaligen Schüler mit ihrer Lehrerin und der aktuellen Schulleiterin Mechthild Wittmer an der Grundschule Höpfigheim getroffen. Wittmer führte die Gruppe durch die Räume, die heute gar nicht so anders aussehen als damals. Nur die Fenster sind neu, die Stühle wurden ausgetauscht und direkt hinter der Tafel versteckt sich eine zweite, digitale Tafel. „Der Boden ist noch der gleiche“, ist sich die Gruppe einig. „Und es riecht noch genau wie früher“, meint jemand zu Beginn der Führung.

Am Treppenaufgang stellt die Gruppe ein Foto von früher nach: Genau vor der gleichen Wand wie damals posieren die heute gestandenen Erwachsenen wie die Kinder von früher – zum Schluss gibt es natürlich auch noch ein „Quatschbild“ mit raus gestreckter Zunge und Hasenohren. Es wird viel gelacht an diesem Abend. In kleinen Gruppen erzählt man sich, wo man die Jahre über so alles gewohnt hat. Silvia Weiß berichtet, dass manche Freundschaften aus der Grundschule sogar bis heute geblieben sind. Die 57-Jährige hat Informatik studiert und ist nun seit 33 Jahren in der Softwareentwicklung tätig. Sie hat das Klassentreffen mit organisiert. „Wir sind die einzige Klasse der Grundschule Höpfigheim, die das macht“, sagt sie, „es braucht eben Leute, die das am Leben halten.“

Im Herzen immer noch Lehrerin

Voller Engagement dabei ist auch die pensionierte Lehrerin Ulrike Vogg. Als sie selbst noch in der Grundschule war, wusste sie schon, dass sie später einmal Lehrerin werden will. „Ich habe sechs jüngere Geschwister, mit denen ich immer Schule gespielt habe“, erzählt sie und lacht. Die kleine, wuselige Frau hat ihre ehemaligen Schüler auch heute im Griff wie eh und je. Als einer eine Anekdote erzählen will und andere in der Gruppe noch reden, erhebt sie ihren Zeigefinger. „Peter, pass mal auf, das ist interessant“, ruft sie ihm zu. Diese Leidenschaft haben ihre Schüler in guter Erinnerung. „Sie war eine liebe Lehrerin, hat uns gut geführt“, sagt Bärbel Preda.

Bärbel Preda ist an diesem Abend für alle zunächst nur „die mit dem gelben Oberteil“. Niemand erkennt sie, auch mit Hinweisen nicht. Denn für Preda ist es das erste Klassentreffen überhaupt. Sie ist damals in der vierten Klasse umgezogen und hat es danach zeitlich nie geschafft, die alten Mitschüler wieder zu treffen. 50 Jahre älter ist sie also nun, seit die Kameraden sie zuletzt gesehen haben. Keiner Wunder, dass alle erst einmal die Stirn runzeln.