Erstmals lobte die Architektenkammer einen Wettbewerb für Schulklassen aus. Die in Stuttgart prämierten Beiträge zeigen, was junge Leute von guter Architektur fordern.
Um den architektonischen Nachwuchs muss man sich wahrlich keine Sorgen machen. Zumindest nicht in Baden-Württemberg. Wer das nicht glaubt, sollte mal in der Landesgeschäftsstelle der Architektenkammer in der Stuttgarter Danneckerstraße 54 vorbeischauen. Zu bestaunen sind hier auf drei Etagen die Ergebnisse des erstmalig von der hiesigen Architektenkammer landesweit ausgelobten Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse unter dem Motto „Kleine Bauten – große Wirkung!“.
Gute Form
Ihre Aufgabe war es, ein kleines Gebäude – Kiosk, Café oder Tiny House – mit etwa 25 Quadratmetern Grundfläche im Modell (Maßstab 1:50) zu entwerfen, das den Erfordernissen einer für alle Bürgerinnen und Bürger gerechten und produktiven Stadt entspricht. Die jungen Leute sollten sich mit dem Klimawandel, der eigenen Lebenswelt sowie einer zeitgemäßen Baukultur auseinandersetzen mit dem Ziel, selbst eine gute und wertschätzende architektonische Form für gesellschaftliches Engagement zu entwickeln.
Klingt nicht so einfach, doch die 4500 teilnehmenden Kinder und Jugendlichen waren offensichtlich trotzdem voll bei der Sache. Die Fachjury hatte dann auch unter 304 Einsendungen die Qual der Wahl. Die in der Kammer ausgestellten Modelle atmen fraglos den Geist der Zeit, die meisten sie eindeutig experimentell angelegt und wollen das Klima schonen. Ein Trend, ganz klar: die Photovoltaikanlage. Ein anderer: begrünte Dächer, überhaupt viel Platz zum Gärtnern, Gemüseziehen, Spielen und Abhängen.
Gar nicht angesagt: Toskanahäuser. Autos sind woanders geparkt, auch Garagen gibt es so gut wie keine. Das Satteldach scheint bei den jungen Menschen ebenfalls keine Zukunft zu haben. Manche Meisterwerke erinnern entfernt an einen frühen Sobek, andere sind eine Hommage an Le Corbusier. Nicht wenige sind wirklich originell und individuell, und die meisten machen einfach nur Spaß.
Der Wettbewerb, der unter der Schirmherrschaft von Bildungsministerin Teresa Schopper stand, ist nun entschieden, mehrere Siegerbeiträge wurden gekürt, je drei aus der Unter-, Mittel- und der Oberstufe. Darunter ist etwa ein Multi-Energiehaus mit einer „Ökobäckerei“ mit einem Food-Sharing-Konzept für Obdachlose, ein Gemüsekiosk, ein Hausboot mit großem Wasserrad und auch ein Bienenwabenpavillon. Auffällig: es sind meistens Mädchen, die beim Wettbewerb abgeräumt haben.
Info
Ausstellung
Alle eingereichten Modelle sind noch bis 29. Mai im Haus der Architektinnen und Architekten (Danneckerstraße 54 in Stuttgart ausgestellt. Öffnungszeiten: Mo-Do, 8.30-16.30 Uhr, Fr 8.30-15 Uhr.
Preis
Volker Schebesta, Staatssekretär im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, nahm in Vertretung der Schirmherrin, Kultusministerin Theresa Schopper, die Ehrung der „kleinen Geschichten des Gelingens“ vor. Der Wettbewerb mache Architektur erfahrbar. Davon könnten alle profitieren und den einen oder anderen „für den Beruf motivieren.
Aufgabe
4500 Schülerinnen und Schüler im ganzen Land befassten sich mit dem Thema „Kleine Bauten – große Wirkung! I Architektur in einer Welt des Wandels“. Je Klasse durften drei Modelle eingereicht werden. Die Aufgabenstellung nahm Bezug auf die „Neue Leipzig-Charta“ und die darin geforderte „gerechte, produktive und grüne Stadt“: Es war also ein Gebäude zu entwerfen, das den Umwelt- und Klimaverträglichkeitsaspekt ebenso berücksichtigt wie den Gemeinwohlgedanken.