Klima-Kundgebung auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Foto: Lichtgut - Ferdinando Iannone/Ferdinando Iannone

Ein Bündnis von „Revolution bis Religion“ hat am Schlossplatz zum Weltklima- und Umweltaktionstag gerufen.

Stuttgart - „Wir sind Umweltkämpfer!“ Schwungvoll greift Niko Held, Ford-Arbeiter aus Köln, in die Saiten der Gitarre. Sein Lied handelt von gefällten Bäumen, Umweltzerstörung, dem internationalen Aufruhr dagegen. Ein Aufbruchssong, den er auf dem Stuttgarter Schlossplatz spielt, auf der Kundgebung „Schluss mit Greenwashing! Taten statt Worte! Wir brauchen Umweltschutz und Arbeitsplätze - eine Zukunft für die Menschheit!“

Zu diesem Weltklima- und Umweltaktionstag hatte ein Aktionsbündnis „von Revolution bis Religion zur Rettung der Umwelt vor der Profitgier“ aufgerufen. Dazu gehört die Stuttgarter Ortsgruppe der Umweltgewerkschaft – unterstützt unter anderem von dem Frauenverband Courage, dem Internationalistischen Bündnis Stuttgart, der Hilfsorganisation Solidarität International, Stuttgart Solar, den Parteien MLPD und ÖDP. Sie forderten den Systemwechsel weg vom kapitalistischen Profitprinzip.

Dieses leite auch die laufende 26. Klimakonferenz der Vereinten Nationen 2021 (COP26) in Glasgow und die Koalitionsgespräche der Ampel-Parteien in Berlin, monierte Maria Vescovi vom Bundesvorstand der Umweltgewerkschaft. Es brauche den „gemeinsamen Kampf von Arbeiter- und Umweltbewegung“, aber auch unentgeltlichen öffentlichen Personennahverkehr und mehr Güter auf der Schiene.

Kritik am aktuellen politischen Programm

100.000 Arbeitsplätze seien durch falsche Klimapolitik in Gefahr. Die Arbeitszeit verkürzen bei vollem Lohnausgleich und Millionen Arbeitsplätze zu schaffen durch radikale Sofortmaßnahmen im Umweltschutz, das wurde auch bei MLPD und der International Automotive Workers Coordination propagiert. ÖDP- Landesvorsitzender Guido Klamt warnte vor unbegrenztem grünem Wachstum als Illusion. „Wir brauchen eine faire Transformation zu mehr Klima- und Umweltschutz.“

Die Vertreterinnen von Solidarität International präsentierten Aufgaben und Erfolge beim weltweiten Kampf gegen unsinnige zerstörerische Großprojekte, etwa die vorläufige Einstellung der Ölpipeline durch das Gebiet der Standing Rock Sioux in North Dakota.

Eine Courage-Frau erinnerten daran, dass der Klimawandel zunehmend Migration antreibe. Sie rezitierte ein bewegendes Gedicht über eine Mutter, deren vier Kinder bei der Flucht im Meer ertranken. „Frontex, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, gehört abgeschafft!“ Laut Studien von Greenpeace und Weltbank werde der Klimawandel bis 2050 mehr als 200 Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertreiben.

Hier helfe das aktuelle politische Programm nicht, meinte Hans Heydemann von den „Ingenieuren 22“ gegen Stuttgart 21. Von den geplanten Fördergeldern für Wasserstoff in Milliardenhöhe profitiere nur die Industrie. Der Energiebedarf sei enorm, um Wasserstoff herzustellen, ebenso der Wasserverbrauch. Folgen für die Umwelt seien trockene Böden, weil der Grundwasserspiegel sinke. Auch die enorm subventionierte Atomkraft, die manche wiederbeleben wollten, sei nicht klimaneutral. Sie produziere in der Herstellungskette CO2 – eine Entsorgungslösung für radioaktiven Müll sei nicht in Sicht. Das seien grün gewaschene Geschäftsfelder, die weiterhin die ausbeuteten und Profiten dienten. „Wir müssen den Energieverbrauch senken und den benötigten Rest mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien decken.“ Was mit einer dieser Energien, der Photovoltaik, möglich ist, beschrieb Hans Ramsperger von Stuttgart Solar. Drei Monate sei er mit einem Wohnmobil unterwegs gewesen, dessen Elektromotor mit Solarmodulen betrieben wird. Und im Garten der John Cranko Schule soll in einem Modellprojekt Agri-Photovoltaik erprobt werden, die gesteuerte Bewässerung mit Hilfe von Solarpanels.