Ordentliches Geschäft trotz Regenwetter– viele Beschicker sind mit den zugelosten Standplätzen zufrieden. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Längst nicht alle Beschicker haben das Angebot der Stadt genutzt. Dafür herrscht an manchen der über die Innenstadt verteilten Stände vorsichtiger Optimismus.

Stuttgart - Am Mittwoch hat in der Innenstadt der Ersatz-Weihnachtsmarkt begonnen. Verteilt über die Königstraße, den Schlossplatz, den Marktplatz und andere zentrale Bereiche wird an Verkaufsständen mal mehr, mal weniger Weihnachtliches angeboten. Es hätten mehr Stände sein können, aber die Nachfrage der Beschicker des abgesagten echten Stuttgarter Weihnachtsmarktes war gar nicht so groß.

Die Zahlen dazu kommen aus dem Amt für öffentliche Ordnung: Die Stadt hat den Marktbeschickern nach der kurzfristigen Absage des Weihnachtsmarktes 64 Standorte in der Innenstadt angeboten, die im Losverfahren vergeben wurden. Allerdings meldeten sich für die Auslosung nur 62 Beschicker an, jeder hätte also einen Platz bekommen können. Nach der Auslosung nahmen nur 44 davon den angebotenen Standort auch tatsächlich an.

Diese „weihnachtlichen Verkaufsstände“, wie die offizielle Bezeichnung lautet, durften am Mittwoch um 10 Uhr zum ersten Mal öffnen. Die Stände sind nach den jetzigen Vereinbarungen Montag bis Samstag von 10 bis 20 Uhr geöffnet, an Heiligabend von 9 bis 14 Uhr. An Sonn- und Feiertagen müssen sie geschlossen bleiben. Auf dem Marktplatz werden die Stände am 29. Dezember abgebaut, an den anderen Standorten einen Tag später.

Mit zugelostem Standplatz zufrieden

Bärbel Wahl aus Michelfeld im Landkreis Schwäbisch Hall ist mit ihrem Tonlichterhäuschen schon seit 16 Jahren auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt – und ist mit ihrem zugelosten Standort auf der Königstraße auf halbem Weg zwischen Schlossplatz und Hauptbahnhof zufrieden. „Es ist nicht schlecht, dass hier Laufkundschaft ist“, sagt sie. Sie hatte schon kurz nach Verkaufsbeginn am Mittwoch die ersten Häuschen, die in Familienbetrieben in Litauen von Hand gefertigt werden, verkauft.

„Ich bin ganz froh, dass ich es nicht hauptberuflich mache“, sagt Bärbel Wahl. Im Sommer kümmert sie sich hauptberuflich um einen Jugendzeltplatz, im Winter hat sie Zeit für ihre Tonlichterhäuschen. „Das ist ein Zusatz, der aber sehr guttut, sozusagen die Wurst aufs Brot“, sagt sie lachend. „Es sind viele hier, die das so machen.“

Und wie einige der anderen Standbetreiber hat auch Bärbel Wahl längst einen Online-Shop, wo man die Häuschen samt Zubehör oder Tassen bestellen kann. Die kurzfristige Absage des Stuttgarter Weihnachtsmarkts wird an den Ständen diskutiert. „Das hätten die doch auch schon eine Woche früher entscheiden können“, schimpft eine Kundin am Lederwaren-Stand an der Kirchstraße. „Das wusste man doch schon vorher, da hat die Politik versagt“, sagt sie, ihre beiden Freundinnen nicken. Und dann kaufen sie weiter ein: Geldbeutel mit am Stand frisch eingeprägten Initialen, auch ein Gürtel für den Ehemann.

„Die Leute lechzen danach“

Auf dem Marktplatz stehen die wenigen Stände mit großem Abstand zueinander. „Das haben die nicht schlecht gemacht“, lobt Rainer Girrbach die Stadt. Sonst steht er mit seiner Mandelbrennerei in der Hirschstraße, jetzt hat ihn das Los auf den Marktplatz gebracht – und er ist zufrieden. „Es fühlt sich nicht schlecht an, besser wie gedacht“, sagt der Stuttgarter und blickt auf die kleine Schlange wartender Kundschaft. „Man merkt, dass die Leute danach lechzen“, stellt er fest, bevor er die nächste Ladung Mandeln in Tüten verpackt. Für ihn ist die Mandelbrennerei der Haupterwerb, es geht ihm aber trotz der vielen Absagen seit vielen Monaten einigermaßen gut. „Wenn die Geschäfte gut laufen, muss es halt einen Topf geben, in den man was reintut“, ist sein Rezept, dann komme man durch schlechte Zeiten.

Gleich ein paar solcher ganz schlechten Tage haben Christine Rasper und Wolfgang Hengerer hinter sich. Erst war der Ludwigsburger Weihnachtsmarkt abgesagt worden, dann der Stuttgarter, alles war fertig aufgebaut und eingerichtet, zum Abbauen sind sie gar nicht gekommen, weil sie auch noch einen Todesfall zu bewältigen hatten. „Da stand ich im Stand in Ludwigsburg und hab geweint“, sagt Christine Rasper. Bei so viel Unglück hatten die beiden wenigstens ein kleines bisschen Glück, als ihnen mitgeteilt wurde, dass sie ihren Stuttgarter Stand an der Planie stehen lassen durften.

Von Krishna bis Sarasvati

Der Stand mit den leuchtenden Sternen, Öl- und Räucherstövchen und -stäbchen, tibetischen Klangschalen und Ton- und Bronzefiguren aus Indien und Thailand ist beliebt. Etwa eine Woche dauert es, bis er aufgebaut und die zum Teil selbst in Asien eingekauften Kunstwerke eingeräumt sind. „Wir haben uns im Einkauf ins Zeug gelegt“, erzählen sie, die beide noch einen anderen Beruf haben. Christine Rasper macht Grafik-Design und kümmert sich auch während der Marktzeiten um diese Kunden, Wolfgang Hengerer fährt Lkw. Ohne den Verdienst aus ihrem Magick-Nature-Stand würden sie nicht auskommen, sagen sie.

Nach den schwierigen Tagen freuen sie sich auf die Ersatz-Markttage an der Planie. „Es war ein verregneter Mittwoch, aber die Leute sind trotzdem zu uns gekommen“, erzählen sie. „Die Leute sind glücklich, dass es ein bisschen Weihnachtsstimmung gibt“, beschreiben sie ihre Eindrücke. Dem kann ein Kunde hinter seiner FFP2-Maske nur zustimmen – und lässt sich über die Wirkungen der Miniaturausgaben der indischen Götter von Krishna über Vishnu bis zu Sarasvati informieren. Eins haben fast alle gemeinsam: Sie sollen zu mehr Gelassenheit inspirieren. Vielleicht hilft es ja auch in Stuttgart.