„Oh du fröhliche“ – es gehört zu den wohl bekanntesten Weihnachtsliedern. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Auch im zweiten Coronajahr findet Evas Stall wieder im Freien statt – an Heiligabend und am ersten Weihnachtsfeiertag wird mit Gottesdienst, Essen und Geschenken vor dem Haus der Diakonie gefeiert.

Stuttgart - Das mehrstimmige „Oh Sanctissima“, also „Oh du fröhliche“ in Latein, ist weithin zu hören. „So toll. Ich hoffe, jemand nimmt das mit der Kamera auf!“, schwärmt ein Mann. Er meint das Stück „Himmlische Boten“ von „Dein Theater“ – und spricht für viele der mehr als 200 Menschen, die es vor dem Haus der Diakonie auf Bierbänken oder Stühlen begeistert verfolgen.

Bei Evas Stall: Auf der traditionellen Weihnachtsfeier, zu der die Stadtmission der Evangelischen Gesellschaft seit 1945 lädt, spielt die Gruppe bereits seit 27 Jahren. An Heiligabend und am ersten Weihnachtsfeiertag kommen dorthin arme Menschen, die nicht wissen, wohin. Oder einsame, denen zu Hause die Decke auf den Kopf fällt. Und welche, die an diesen besonderen Tagen im Jahr etwas Gutes tun wollen und sich haupt- oder ehrenamtlich engagieren. Evas Stall sollte einst im zerbombten Stuttgart zu einer kurzfristigen Heimat werden, wie vor mehr als 2000 Jahren der Stall bei Bethlehem, in dem Jesus geboren wurde. Und auch heute, wo die Schere zwischen Arm und Reich sich weiter öffnet.

„Bei uns sind alle willkommen!“

Wer einsam ist, sei in den vergangenen fast zwei Jahren der Pandemie noch einsamer als andere gewesen, so Diakonin Birgit Auer, die die Stadtmission leitet. „Es gibt eine große Sehnsucht nach Gemeinschaft. Bei uns sind alle willkommen! Wir sagen unseren Gästen: Wir sind für euch da und feiern mit euch auch unter diesen Bedingungen – eben mit Hygienekonzept und Masken.“

An die Geschichte von Jesus Geburt erinnerten der Eva-Vorsitzende, Pfarrer Klaus Käpplinger, und Pfarrerin Stephanie Pfander, die an beiden Tagen den Gottesdienst im Freien zelebrierten – unterstützt von dem Trompetenensemble Stuttgart. Jene, die außerhalb standen ohne Geld, hätten in dieser Heiligen Nacht als erste die frohe Botschaft erhalten. Der Engel sei zu den Hirten gekommen mit den Worten „Fürchtet euch nicht ...“, so Pfander. Käpplinger betonte, dass man aus der Weihnachtsgeschichte über Solidarität Gemeinschaft lernen könne in dieser Zeit der Wohnungsnot.

Vorbereitung beginnt Wochen vorher

Wie schon die Jahre zuvor gab es am Heiligabend Saitenwürstle mit Kartoffelsalat, am ersten Weihnachtsfeiertag ein Festessen aus Rinderragout mit Pilzen, Spätzle und Gemüse samt Nachtisch – jeweils coronakonform kostenlos zum Mitnehmen. Zubereitet wurden die Menüs in der Küche des Rudolf-Sophien-Stifts. Geplant wurde jeweils mit 500 Portionen. An Heiligabend erhielt auch jeder Gast ein Geschenk: eine Falttasche mit Regenschirm, Socken, Saft und Mütze. Eine Premiere stand am ersten Weihnachtsfeiertag an. Erstmals traten die magischen Künstler Jürgen Metzger und Tilo Schoppe in Evas Stall auf. Ihr Motto: „Der Weihnachtsmann, der zaubern kann“. Den Auftritt bezahlte die Börse Stuttgart, auch um die Kunstschaffenden zu unterstützen, die wegen Corona in Not gerieten. Mit den Spenden vieler Menschen werde Eva’s Stall seit Jahren finanziert, so Diakonin Auer. Dass Evas Stall so habe stattfinden können, das sei auch den rund fünfzig Freiwilligen und zwölf hauptamtlichen Eva-Mitarbeitenden zu verdanken, die schon vor Wochen mit den Vorbereitungen begannen.