Der Spielzeug-Drosten hält die Hände in den Taschen und steht auf einem stilisierten Coronavirus, um dieses sinnbildlich zu bekämpfen. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Sieht so Weihnachten in Corona-Zeiten aus? Mit einem qualmenden Holz-Drosten hat ein Spielwarenmacher offenbar ins Schwarze getroffen. Der Räuchermann in Gestalt des bekannten Virologen ist ein Verkaufsschlager.

Seiffen - Christian Drosten qualmt der Kopf. Den Chefvirologen der Berliner Charité gibt es jetzt als Räuchermann. Normalerweise kommt der Qualm bei einem erzgebirgischen „Rachermannl“ aus dem Mund, aber das funktioniert in diesem Fall nicht. Die gedrechselte Holzfigur in dem langen weißen Forscherkittel trägt in Corona-Zeiten natürlich einen Mundschutz.

Drosten hält die Hände in den Taschen und steht auf einem stilisierten Coronavirus, um dieses sinnbildlich zu bekämpfen. Die Idee dazu hatte der Familienbetrieb Spielwarenmacher Günther im erzgebirgischen Seiffen in Sachsen. Die ersten 15 Stück waren nach wenigen Stunden ausverkauft. Nun soll der Corona-Räuchermann in Serie gehen.

„Kunsthandwerk geht immer auf das Zeitgeschehen ein, man nimmt auf, was passiert“, sagt der Chef der Seiffener Traditionsfirma, Tino Günther. Zumindest er praktiziert das so. „Wenn eine Berufsgruppe in diesem Jahr bekanntgeworden ist, dann sind das die Virologen“, sagt Günther. Das habe ihn auf die Idee für den Drosten-Räuchermann gebracht. Das markante Gesicht, die schlaksige Figur des Professors und dass er etwas zu sagen hat - das habe ihn inspiriert.

Qualmender Holz-Drosten ist Verkaufsschlager

Trotz abgesagter Weihnachtsmärkte hat Günther alle Hände voll zu tun. Mit seinem qualmenden Holz-Drosten hat er offenbar ins Schwarze getroffen. Er wird von Bestellungen überrannt. Nach den ersten 2.000 Anfragen hat er aufgehört zu zählen. Doch jeder bekommt seinen Räuchermann, verspricht Günther.

Dafür braucht der Kunsthandwerker mehr Personal, zunächst allein um alle Anfragen aufzunehmen. „Viele Kunden rufen an und wollen reden, auch über die Corona-Krise“, erzählt Günther. Die Produktion stellt er jetzt komplett um. Für die Fertigung will er auch weitere Firmen hinzuziehen. „Wir verteilen die Arbeit bei uns im Gebirge“, sagt er.

Nicht allen der rund 200 erzgebirgischen Kunsthandwerker geht es in diesen Tagen so wie Tino Günther. Vor allem die ausgefallenen Weihnachtsmärkte bereiten den Unternehmen Bauchschmerzen. „Wir haben immer auf Weihnachten gehofft und an den Hygienekonzepten mitgewerkelt“, sagt Günthers Sohn Frederic, der Geschäftsführer des Verbandes der Erzgebirgischen Kunsthandwerker ist. Doch selbst wenn einzelne Märkte stattfinden würden, sei das nicht zu vergleichen mit dem regulären Weihnachtsgeschäft und der sonst üblichen Geschwindigkeit, mit der die Waren verkauft würden.

Wegen der Pandemie gibt es einfach weniger Besucher und damit weniger potenzielle Käufer. Auch nach Seiffen, ins „Herz der Holzkunst“, dürfen derzeit nur Tagestouristen. Die Fachgeschäfte sind offen, doch es fehlen die Übernachtungsgäste aus dem In- und Ausland. Und allein mit dem Onlinehandel könne der Verlust nicht aufgefangen werden, sagt Frederic Günther. Dafür fehle auch die Infrastruktur.

Corona-Infektionszahlen weiter auf hohem Niveau

Etwa 70 Prozent des gesamten Branchenumsatzes der Kunsthandwerker wird in der Regel auf Weihnachtsmärkten gemacht - aber nicht in Corona-Zeiten. Da braucht es Alternativen: So werden leerstehende Geschäfte zu Mini-Weihnachtsmärkten wie etwa in Annaberg-Buchholz.

Das Erzgebirge ist ohne seine berühmten Artikel - die Schwibbögen, Pyramiden, Engel und Räuchermänner - nicht zu denken. „Seit 200 Jahren exportieren wir Weihnachtsware. Wir sind das Weihnachtsland“, sagt die Geschäftsführerin der Kunsthandwerkergenossenschaft Dregeno in Seiffen, Juliane Kröner. Das Fest ersatzlos zu streichen - das gehe einfach nicht. Um etwas weihnachtliches Flair zu verbreiten, hat die Genossenschaft einen virtuellen Weihnachtsmarkt entworfen. Gleich am ersten Tag am 1. November hatte er 15.000 Aufrufe.

Unterdessen sind die Corona-Infektionszahlen im Erzgebirgskreis weiter auf hohem Niveau. Bis die nächsten Drosten-Räuchermänner die Firma Günther Anfang 2021 verlassen, hoffen auch die Kunsthandwerker auf eine abgeflachte Infektionskurve. Der qualmende Virologe jedenfalls hat eine Botschaft: Er steckt unter der Maske der Pandemie die Zunge heraus.