In Leipzig steigt am Pfingstwochenende wieder das Wave-Gotik-Treffen. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Nach zwei Jahren coronabedingter Pause treffen sich nun wieder Zehntausende zum 29. Wave-Gotik-Treffen (WGT) in Leipzig. Wir haben die Bilder.

Sie sind meist schwarz gekleidet und bleich geschminkt, mögen Friedhöfe und düstere Musik: Nach zwei Jahren coronabedingter Pause treffen sich nun wieder Zehntausende zum 29. Wave-Gotik-Treffen (WGT) in Leipzig. Wer zu Pfingsten durch die Leipziger Innenstadt oder die vielen Parks geht, kommt sich vor wie auf einer Zeitreise. Vor allem wegen der vielen unterschiedlichen Stilrichtungen, die beim WGT vertreten sind.

Zum Auftakt dominierten am Freitag Fans der Barockzeit. Tausende Anhänger tummelten sich zum „Viktorianischen Picknick“ im Clara-Zetkin-Park. Auf den vielen Tischchen und Decken steht verschnörkeltes Geschirr, aber auch mal ein Totenschädel oder ein skelettiertes Tierchen. Eine feste Kleiderordnung gibt es nicht, aber viele Besucher haben sich stundenlang herausgeputzt.

In den vergangenen beiden Jahren hatte es lediglich kleine private Treffen unter Hartgesottenen gegeben. Aber nun verwandelte sich Leipzig wieder in einen eigenen Kosmos: Fans der „schwarzen Szene“, Kostüm-Freaks, Dunkelhippies, Vampiranhänger, Menschen in Barockkleidern oder sogenannte Steampunks - aus der Zeit gefallene Menschmaschinen. Auch Masken in allen denkbaren Varianten sind zu sehen.

„Es ist ein Sehen und Gesehenwerden“, sagte Manuela aus Leipzig, die mit ihrem Mann Maik zum achten Mal unter ihrem angestammten Baum sitzt. Die Barockkleider haben sie von einem historischen Schneider anfertigen lassen - schnell kommt da ein vierstelliger Betrag zusammen.

Rund 200 Bands an etwa 50 Veranstaltungsorten sind bis Pfingstmontag angemeldet

Rund 200 Bands an etwa 50 Veranstaltungsorten in der gesamten Stadt sind bis Pfingstmontag angemeldet. Die größten Konzerte gibt es auf dem agra-Gelände im Stadtteil Dölitz. Dort erwartet die Besucher zudem eine Szene-Messe, ein Zeltplatz und in direkter Nähe das „Heidnische Dorf“ - ein Mittelaltermarkt.

Das Treffen war 1992 mit gerade einmal 2000 Gleichgesinnten und acht Bands gestartet. Nach anfänglicher Skepsis hat es sich fest in der Szene etabliert. Nach Angaben der Veranstalter ist das WGT europaweit die größte Veranstaltung dieser Art.

„Hier auf dem Viktorianischen Picknick darf mein Inneres einmal im Jahr entfliehen“, beschreibt Corinna aus Ravensburg das spezielle Flair des Festes. Sie ist gleich mit sieben Koffern angereist, für jeden Tag ein anderes Outfit. Bei der Anprobe hilft ihr nicht etwa eine Hofdame. Sie habe einen Anziehherrn, ihren Mann, erklärt sie schmunzelnd.

Eine weite Anreise hatten Briana und Araco aus Schaffhausen in der Schweiz. Sie verwenden wie viele Teilnehmer einen Künstlernamen. Die beiden Totenmasken sind ihr Markenzeichen und für die vier Tage WGT hat das Paar auch vier verschiedene Kleider. Neben morbidem Barock zeigen sich die beiden 58-Jährigen auch in Kleidern der Gründerzeit.

Einer der ältesten Teilnehmer ist König Louis-Philippe von Orléans, Bruder des französischen Sonnenkönigs. Der 87-Jährige kommt aus Leipzig und ist seit zwölf Jahren auf dem WGT. Er lebt sein Hobby jede Woche im Dresdner Barockverein unter anderem bei historischen Tänze aus dem 17. Jahrhundert aus.