Wo geht es hier nach Amerika! Johannes von Reinhartz (Clemens Schick, zweiter von rechts) ist mit dem U-Boot U-882 in geheimer Mission unterwegs. Foto: Sky Deutschland/Stephan Rabold

U-Boot-Schlachten, Flüchtlingstragödien und Geschichten aus New York. Die Serie „Das Boot“ kehrt zurück und reist an Weihnachten im ZDF von La Rochelle nach New York.

Stuttgart - Frank Strasser taugt nicht zum Nazi. Als er auf der U-822 Silvester 1942 unter Wasser auf dem Atlantik feiern muss, dreht er an Neujahr eine Dixie-Nummer so laut auf, dass sich ein SS-Sturmbannführer an Bord sofort beschwert: „Ist das üblich, dass man auf deutschen U-Booten Negermusik hört?“

Strasser liebt nicht nur Jazz, er liest auch John Steinbeck, hat versucht zu desertieren, weil er zu seinem kleinen Kind nach Spanien wollte, wurde aber erwischt und sitzt nun auf Bewährung am Funkgerät eines U-Boots, das in geheimer Mission an die US-Ostküste unterwegs ist. Nach New York will Strasser irgendwann wirklich einmal. „Ich auch“, verrät ihm Johannes von Reinhartz, der auf der U-822 das Sagen hat, „doch nicht irgendwann, sondern jetzt.“

Und weil ein Matrose, der Jazz und Steinbeck mag, kein schlechter Mensch sein kann, verrät der Kommandant seinem Funker, was er am Zielort wirklich vorhat: den Amerikanern das Boot und die Enigma-Verschlüsselungsmaschine übergeben, um so den Krieg schnell zu beenden. Doch während die „Dixie Jubilee“ noch durch das U-Boot tönt, die Männer an Bord feiern, kommt ein Funkspruch aus La Rochelle, der die U-822 auffordert, sofort zurückzukehren.

Es geht auch ohne Ping und Ächzen der Bolzen

Wieder wird ein U-Boot zum Psychodrama-Schauplatz. Diesmal braucht es dafür nicht einmal feindliche Schiffe, das unheimliche „Ping“ des Sonars und das bedrohliche Ächzen der Bolzen, wenn das Boot tiefer und tiefer taucht. Noch mehr als in der ersten Staffel weitet das Drehbuch den Erzählkosmos aus, der auf den Büchern von Lothar-Günther Buchheim beruht.

Wolfgang Petersens Film „Das Boot“ aus dem Jahr 1981 erzählte von der Sinnlosigkeit des Kriegs, komprimierte das Drama so sehr, dass es in ein enges U-Boot passte. Das klaustrophobische Kammerspiel erwies sich damals auch dank der Musik Klaus Doldingers, der Kamera Jost Vacanos und Schauspielern wie Jürgen Prochnow, Herbert Grönemeyer, Martin Semmelrogge oder Uwe Ochsenknecht als deutsches Kinowunder, das für sechs Oscars nominiert war.

Schon der ersten Staffel war das U-Boot zu klein

Schon die erste Staffel der Serie „Das Boot“ machte 2018 aus der Geschichte ein zeitgeschichtliches Panorama. Dem Krieg der Unterwasserblechbüchsen wurde ein zweiter Handlungsstrang gegenübergestellt: hier das Geschehen an Bord der U-612, die im Herbst 1942 auf große Feindfahrt geht und deren Kommandant Klaus Hoffmann (Rick Okon) Opfer einer Meuterei und auf offener See in einem Schlauchboot ausgesetzt wird. Und dort das Geschehen im von den Nazis besetzen La Rochelle, die Geschichte der naiv-neugierigen Deutsch-Französin Simone Strasser (Vicky Krieps), der der Gestapo-Chef Hagen Forster (Tom Wlaschiha) nachstellt, die sich aber in eine Affäre mit einer Résistance-Kämpferin stürzt.

U-Boot-Verfolgungsjagd auf dem Atlantik

Aus diesen zwei Erzählsträngen macht die zweite Staffel der Sky-Originalproduktion nun drei. In La Rochelle versucht die Krankenschwester Margot Bostal (Fleur Geffrier), der jüdischen Familie Goldblatt, die Simone Strasser bisher versteckt hielt, bei der Flucht vor den Nazis zu helfen. Auf dem Atlantik bahnt sich derweil eine Verfolgungsjagd an: Weil die Gestapo den Landesverrat des U-Boot-Kommandanten von Reinhartz (Clemens Schick) und seines Funkers Strasser (Leonard Scheicher) ahnt, schickt sie der U-822 die U-612 hinterher, die jetzt unter dem Kommando des Korvettenkapitäns Wrangel (Stefan Konarske) steht, der in der ersten Staffel die Meuterei gegen Kapitänleutnant Klaus Hoffmann angeführt hat.

Die drei Geschichten ergeben ein gewaltiges Kriegspos

Jener Hoffmann wiederum ist inzwischen in New York bei dem Geschäftsmann Samuel Greenwood (Vincent Kartheiser) untergekommen, zieht mit diesem durch die Nachtclubs in Harlem, lernt die Jazzsängerin Cassandra Lloyd (Rochelle Neil) kennen und hofft darauf, dass ihm der undurchsichtige Anwalt Berger (Thomas Kretschmann) die Rückkehr nach Deutschland ermöglicht. Der verfolgt aber heimlich ganz andere Pläne.

Das klingt verwirrend? Ist es auch. Und die Regisseure Matthias Glasner und Rick Ostermann lassen sich viel Zeit dabei, diese in ihrem Ton ganz unterschiedlichen Geschichten, allmählich zu einem stimmigen Kriegsepos zusammenzusetzen. Doch genau das darf und sollte man man auch von einer Qualitätsserie im Jahr 2020 erwarten.

„Das Boot“ im ZDF und bei Sky

Das ZDF zeigt die zweite „Das Boot“-Staffel in drei Teilen am Sonntag, 27.12., um 20.15 Uhr, am Montag, 28.12., um 20.15 Uhr, und am Dienstag, 29.12., um 22.15 Uhr. Die erste Staffel ist bereits vollständig in der ZDF-Mediathek verfügbar. Einige Folgen sind allerdings nur in der Zeit zwischen 22 und 6 Uhr oder mit Altersverifikation über „Mein ZDF“ abrufbar. Beim Bezahlsender Sky feierte die zweite „Das Boot“-Staffel bereits im April Premiere. Eine dritte Staffel ist in Arbeit.