Der Sprung vom Flügel gehört dazu: Jamie Cullum bei den Jazz Open in Stuttgart. Foto: /Reiner Pfisterer

Jamie Cullum und Stuttgart – diese Liebe endet nie! Wie ein Flummi rast er über die Bühne. Das Publikum rastet aus. Der Brite gehört zur Familie der Jazz Open. Gefeiert wird sein achter Auftritt backstage – bis der Tourbus noch nachts an die Costa Brava fährt.

Die Ekstase von Stuttgart hat einen Namen – Jamie Cullum! Zum achten Mal hat sich der Singer/Songwriter auf dem Schlossplatz selbst übertroffen – vor dem „besten Publikum der Welt“, wie er lobt. Der Brite mag schon gedacht haben, es müsse auch mal gut sein, dies sei sein vorerst letztes Konzert bei den Jazz Open. Doch dann blickt der 42-Jährige auf die Menge im Ehrenhof, die jedes Mal noch mehr zu jubeln scheint. „Ich freue mich schon aufs nächste Jahr bei euch“, sagt er am Mittwochabend schließlich.

Stuttgart sei seine „Homebase“. Wegen Corona konnte er drei Jahre lang nicht mehr an seinem Lieblingsort spielen. Da hat sich viel aufgestaut, da muss noch mehr als früher raus! Der Beifall und die Begeisterung der 7000 Fans schwellen zu einer so gewaltigen Orkanstärke an, wie sie vor der Pandemie kaum erreicht wurde. Der gesamte Platz singt „Hohohooooo“ beim traditionellen Finalsong „Mixtape“ – auch dann, wenn die Band verstummt. Das Herz der Stadt verdankt eine der schönsten Sommerpartys des Jahres dem Tausendsassa der Tasten, einem ganz Großen mit 164 Zentimetern. Vom Swing der 1920er Jahre bis hin zu Chart-Popmusik – dieses Energiebündel kann einfach alles!

„Es ist schön, dass die Leichtigkeit zurück in Stuttgart ist“

„Jamies Energie ist der Hammer“, jubelt Musicalstar Kevin Tarte. Es gibt tatsächlich noch Menschen in Stuttgart, die Cullum noch nie live erlebt haben. Tarte war bisher einer davon. „Immer wenn er bei den Jazz Open aufgetreten ist, hatte ich selbst Engagements“, sagt Stuttgarts Ur-Krolock im Musical „Tanz der Vampire“. Die sentimentalen Momente gehen ihm unter die Gänsehaut, bei den rasanten Nummern hüpft er wild mit. Auch sein Lebenspartner Stefan Wolf ist begeistert: „Das Konzert war wunderbar. Die musikalische Vielfalt von Jamie Cullum ist beeindruckend.“ Der Chef des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall ist mit seinem Unternehmen Elring-Klinger seit vier Jahren Sponsor der Jazz Open. „Wir machen das unter dem Gesichtspunkt der Personalgewinnung“, sagt er. Die Anzahl der Bewerbungen beweise, dass diese Werbemaßnahmen Wirkung zeige. So ist das Festival für ihn doppelt ein Gewinn – künstlerisch und geschäftlich.

„Es ist schön, dass die Leichtigkeit zurück in Stuttgart ist“, sagt Kulturbürgermeister Fabian Mayer, ein weiterer Gast bei Jamie Cullum, und freut sich: „Die Stimmung in der Stadt schließt sich an das an, was wir vor Corona kannten.“

Der nächste Auftritt ist beim Festival an der Costa Brava

Luigi Aracri, der Wirt des Ristorante La Comedia, hofft, dass Jamie Cullum wie in den Vorjahren nach dem Konzert zu ihm zum Essen kommt. Doch der Sänger hat keine Zeit. Backstage feiert er mit dem Team der Jazz Open bis etwa gegen Mitternacht, dann muss der Brite mit seiner großartigen Band in den Tourbus steigen. Die Nacht werden sie auf der Autobahn in Richtung Spanien verbringen und beim Fahren schlafen. Der nächste Auftritt ist beim Festival an der Costa Brava. „Das Künstlerleben ist kein Ponyhof“, sagt Veranstalter Jürgen Schlensog, der mit Jamie Cullum befreundet ist. Ob der Publikumsliebling im nächsten Jahr wieder zu den Jazz Open kommt? Die Antwort von Schlensog: „Vamos a ver“ (wir werden sehen). Was für eine Frage? Das Publikum und der Künstler haben es längst beschlossen.

Bevor der Manager zur Weiterfahrt drängt, stellen sich alle – die Musiker wie das Festivalteam – zu einem Gruppenbild auf der Bühne des nun leeren Schlossplatzes auf. Sonderbar ruhig ist es dort, wo kurz zuvor der Orkan getobt hat. Das Publikum ist mittlerweile beglückt von dannen gezogen. Im Kopf klingen die Songs noch lange nach. Die Ekstase hat allen wieder gutgetan. Thank you, Mister Cullum!